- • Startseite
- • Tagesfrage
-
•
Bewegung im Fall Julian Assange
Morgen soll es, ganz Westernfilm mäßig, soweit sein: Um 12 Uhr mittags will Wikileaks-Gründer Julian Assange nach dreieinhalb (!) Jahren die ecuadorianische Botschaft in London verlassen und sich der Polizei stellen. Also eventuell. Zuvor wird nämlich eine UN-Arbeitsgruppe in Genf darüber entscheiden, ob Assange zu Unrecht von Schweden und England inhaftiert wurde. Assange hatte argumentiert, die Tatsache, dass er seit 2012 die Botschaft nicht verlassen kann ohne festgenommen zu werden, käme einer Inhaftierung gleich. Via Wikileaks verkündete Assange nun, dass er sich dem rechtlich nicht bindenden Urteil der UN fügen wird. Bedeutet: Wenn sie sagen, er sei schuldig, lässt er sich festnehmen, weil es dann eh keine Chance auf Rehabilitierung mehr gäbe. Sagen sie allerdings, die Inhaftierung sei unrechtmäßig, würde er seinen Pass zurückverlangen und die Botschaft als freier Mann verlassen wollen. Ob er das dann allerdings direkt in die Tat umsetzt, ist unklar.
Was war passiert?
Zunächst war Julian Assange Popstar und Journalist in einem. Gemeinsam mit anderen Aktivisten betrieb er ab 2006 die Enthüllungsplattform Wikileaks, die insbesondere 2010 von sich reden machte, als sie ein Video von einem US-Angriff in Bagdad veröffentlichte, bei dem zahlreiche Zivilisten ums Leben kamen („Collatoral Damage“). Die Zeitung „Le Monde“ verlieh Assange den Titel „Mann des Jahres“ und wir fragten „Mädchen, findet ihr Julian Assange sexy?“.
Im gleichen Jahr erhoben zwei Schwedinnen allerdings auch Vorwürfe gegen Assange wegen sexueller Nötigung. Da er zu diesem Zeitpunkt bereits in England weilte, wurde in Stockholm ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Assange kam zeitweise in Untersuchungshaft und floh danach in die ecuadorianische Botschaft, wo die britische Polizei ihn nicht inhaftieren kann. Assange argumentiert, die schwedische Justiz würde ihn in die USA ausliefern, wo ihm nach eigener Aussage wegen Hochverrates die Todesstrafe droht. Er bezeichnete die Vorwürfe durch die beiden Schwedinnen als Komplott und unwahr. Schweden wiederum bestreitet, ihn ausliefern zu wollen. Mehrere der schwedischen Vorwürfe sind inzwischen verjährt, eine Befragung Assanges innerhalb der Botschaft kam nicht zustande.
Und was denkst du über Assange?
Die lange Zeit in der Botschaft hat natürlich etwas mit Julian Assange und seinem Ansehen gemacht. Während die einen ihn wie ein Popstar feiern und ihn als Ehrengast bei Events per Skype zuschalten, sehen andere in Wikileaks und der Person Assange mittlerweile ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Wikileaks habe schon lange nichts mehr von Brisanz veröffentlicht und Assange vielleicht doch ein Frauenfeind, der seine eigene Position überschätzt hat. Doch was denkst du?