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Wenn Frauen sich mehr trauen

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Die Schauspielerin Lindsay Lohan liebte Männer, bis sie Samantha Ronson traf. Wer weiß, ob sie bald wieder Männer lieben wird? Und: Ist das überhaupt wichtig? Mehr Einsamkeit kann man in einen Satz kaum stecken: »Als ich 1974/75 meine lesbischen Neigungen entdeckt habe«, sagt Hella von Sinnen, damals 15, »war die einzige Lesbe auf der ganzen Welt Martina Navratilova. Da dachte ich, du bist ja nicht allein lesbisch, es gibt noch eine.« 35 Jahre später scheint es, als müsste sich keine Frau, die andere Frauen liebt, noch einsam fühlen, so viele haben sich öffentlich zu lesbischer Liebe bekannt: Ulrike Folkerts und Anne Will waren darunter, Mirjam Müntefering, Jodie Foster und Cynthia Nixon, die Rothaarige aus Sex and the City, auch. Als die Serie L-Word vor fünf Jahren in den USA anlief (auch eine Art Sex and the City, jedoch mit lauter lesbischen Frauen), schrieb sie Fernsehgeschichte: Lesben waren zum ersten Mal cool, erfolgreich, komisch.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Und doch, das ist es nicht allein: Fast möchte man glauben, kürzlich sei ein Raumschiff gelandet, dem ein Rudel schöner, kluger Frauen entstiegen ist, die laut verkünden: »Wir stehen auf Frauen. Aber nicht immer. Nur manchmal, wenn wir Lust haben.« Viele, deren Liebesleben wir bisher mit Männern in Zusammenhang gebracht haben, sind oder waren mit einer Frau zusammen, vielleicht auch nur eine Weile: Die Sängerin Sabrina Setlur ist so eine, die Schauspielerin Lindsay Lohan auch; Kylie Minogue sagte in einem Interview, sie könne sich durchaus eine Beziehung mit einer Frau vorstellen, und bevor Angelina Jolie Brad Pitt küsste, ging sie mit dem Model Jenny Shimizu ins Bett. Wer denkt, das sei ein von ausgebeuteten RTL2-Reportern hochgejodeltes Medienphänomen, sollte wissen: Lesbischsein ist im gesellschaftlichen Mainstream angekommen. Mehr noch: Dass sich zwei junge Frauen ineinander verlieben, ohne dass sie sich deswegen für lesbisch oder bisexuell hielten, gehört heute fast schon zum guten Ton. Was ist da passiert? Nichts, was nicht anderswo auch passiert wäre. Was für den Arbeitsplatz gilt, für Familienstrukturen und für die Wahl der Sexualpartner, gilt auch für die sexuelle Orientierung: Nichts dauert mehr ein Leben lang, jede Entscheidung kann jederzeit rückgängig gemacht werden. Frauen haben das Programm »Beziehungen 2.0« schnell kapiert: Die Zeitschrift Glamour veröffentlichte vergangenen Sommer eine Umfrage, die besagte, jede vierte Frau könne sich vorstellen, mit einer anderen Frau eine sexuelle Beziehung einzugehen. Drei Jahre zuvor hielt das nur jede zehnte Frau für möglich. Nele kann sich nicht nur vorstellen, mit einer Frau Sex zu haben, sie hatte ihn schon. Sie ist 29, wohnt in Hamburg, arbeitet in der Marktforschung und lebt seit nunmehr einem Jahr mit ihrem Freund zusammen. Sie ist auffallend hübsch, hat lange, dunkelblonde Haare, Creolen an den Ohren und die Augen dunkelgrau geschminkt. »Ich hatte einfach Spaß am Experimentieren. Darum fand ich es toll, ein paar Mal Sex mit einer Frau zu haben. Aber für bisexuell halte ich mich deswegen nicht. Es hat sich eben so ergeben. Diese Freundin ist lesbisch und lebt jetzt wieder mit einer Frau zusammen. Ich mit einem Mann. Ich denke auch nicht drüber nach, ob mir das noch mal passiert mit einer Frau. Man weiß ja auf den ersten Blick sowieso nicht, wen man vor sich hat, Lesbe oder Hetero. Aber wenn man zu anderen Frauen sagt, dass man Sex mit anderen Frauen toll findet, erzählen dir plötzlich viele, dass sie auch schon mal was mit einer gehabt hätten. Rumgeknutscht mit einer Frau haben heute sehr viele Frauen – das ist doch inzwischen normal. Und manche gehen dann eben ins Bett miteinander, so wie ich es getan habe. Die meisten Lesben, die ich kenne, hängen nicht in diesen Lesbenkreisen herum oder sind extrem politisch – darauf hätte ich auch keinen Bock gehabt. Die, die ich kenne, sind wahnsinnig unterhaltsam, selbstbewusst, extrem lässig. Die haben was irre Anziehendes.« Weiterlesen auf sz-magazin.de

Text: max-scharnigg - Illustration: Onur Erbay

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