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Was Frauen wirklich wählen
Von: Susanne Schneider (Text); Niko Schmid-Burgk (Foto)
Auch wenn die Niedersachsen das jetzt nicht gern hören: An dieser Stelle lassen wir die Landtagswahlen in ihrem Bundesland in neun Tagen links liegen und richten stattdessen den Blick auf Hessen. Beide Wahlen werden ohnehin voraussichtlich mit einem Sieg der CDU ausgehen. In Hessen aber gibt es, im Gegensatz zu Niedersachsen, eine Spitzenkandidatin, Andrea Ypsilanti von der SPD. Zwar wird Roland Koch Ministerpräsident bleiben können, so sagen es die Meinungsforscher, doch seine absolute Mehrheit wird er verlieren. Und auch wenn die Männer das jetzt nicht gern hören: Ab sofort braucht dieser Text sie lediglich als Sparringspartner, denn er konzentriert sich auf die Frauen, die wählen, die Frauen, die nicht wählen, die Frauen, die gewählt werden wollen, und jene wenigen, die bereits gewählt wurden.
WARUM WIRD ANDREA YPSILANTI NICHT NEUE MINISTERPRÄSIDENTIN?
Roland Koch droht ein herber Stimmenverlust vorrangig wegen seiner Bildungspolitik, repräsentiert von Karin Wolff, der Kultusministerin. Sechzig Prozent der Wähler seien unzufrieden mit der Bildungspolitik in Hessen, haben die Wahlforscher im Dezember herausgefunden. Und Frauen interessieren an Parteipolitik nicht so sehr Wirtschafts- oder Rüstungsthemen, sondern vorrangig Bildungs- und Familienthemen, also all das, was Gerhard Schröder als »Gedöns« abgetan hat. Wenn die SPD nun übernächsten Sonntag Stimmen bekommt von Frauen, die zuvor CDU gewählt haben, dann nicht unbedingt aus Überzeugung, sondern aus Missbilligung gegenüber der hessischen Bildungspolitik.
Was noch gegen Andrea Ypsilanti als neue Ministerpräsidentin spricht: Sie ist keine »Trümmerfrau«, wie die Zeit schreibt, kam also nicht wie Heide Simonis oder Angela Merkel erst nach einer existenziellen Krise ihrer Partei ganz nach oben. Ohne die Erschütterung der Spendenskandale der CDU wäre Merkel wohl nie Parteivorsitzende geworden, ohne Björn Engholms Falschaussagen in der Barschel-Affäre Heide Simonis nicht die bis heute einzige Ministerpräsidentin. Auch die Wähler waren gierig nach einem Neuanfang. In Hessen ist es nicht oder noch nicht so weit. Und Frauen wählen eben nicht automatisch Frauen.
GIBT ES DEN MERKEL-FAKTOR?
Die Bundestagswahl 2005 hat gezeigt: Mehr Frauen als Männer, nämlich 2,7 Prozent mehr, gaben der SPD und somit Gerhard Schröder ihre Stimme. Anders gesagt: Nur 35 Prozent der Wählerinnen haben sich für Angela Merkel entschieden. Aus drei Gründen haben weniger Frauen als Männer Merkel gewählt:
1. In ihrem Wahlkampf standen Finanz- und Wirtschaftspolitik im Mittelpunkt. Frauen konnten in Merkels Programm kaum Antworten auf die für viele brennende Frage finden, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bringen sollten. Wenn Familienpolitik im Wahlkampf eine Rolle spielte, dann immer im Zusammenhang mit Mehrwertsteuererhöhung und Steuerreform. Dass Merkel mit Ursula von der Leyen eine Ministerin berief, die eine fast progressive Familienpolitik betreibt, war vor den Wahlen noch nicht erkennbar.
2. Emotional bot Merkel kein akzeptables Rollenmodell an – und versuchte auch jedem Eindruck zu widersprechen, sie mache weibliche Politik. »Dass Frauen sich besonders gut durch Frauen vertreten fühlen, ist eine hoffnungsvolle Fiktion des Feminismus«, schreibt die Zeit.
3. Frauen wählen heute eher links.
Die restlichen fünf Erkenntnisse findest du auf sz-magazin.de