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Sind Hauptschüler "Endkrass chancenlos"? Eine Reportage

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von Lars Reichardt; Fotos: Toby Binder

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

15 fröhliche Schüler, ein netter Hund: Die Klasse 9c der Münchner Winthir-Hauptschule Mamadou braucht einen Tritt in den Hintern, sagen seine Lehrer. Mamadou ist viel zu spät dran mit seiner Bewerbungsmappe. Sie verstehen nicht, warum er sich seit ein paar Wochen so hängen lässt; ein großer, sportlicher Junge, 16 Jahre alt, Vereinsfußballer, neugierig, engagiert, beliebt, sogar Klassen-, seit einem Jahr Schulsprecher und dennoch fängt er an, schlampig zu werden, ausgerechnet jetzt, wo es für ihn drauf ankommt. Mamadou Diaoune geht auf die Hauptschule. Er stammt aus Guinea, ist erst vor knapp drei Jahren nach Deutschland gekommen und spricht schon gut Deutsch. Aber jetzt fehlen seinen Lehrern Zeit und Nerven, ihn ständig nach Bewerbungsfotos zu fragen. Ein Pate soll den Tritt in Mamadous Hintern übernehmen. An vielen Hauptschulen kümmern sich inzwischen ehrenamtliche Paten um einzelne Schüler: die jungen Fünftklässler, die Nachhilfe beim Lesen oder in Mathematik benötigen; die gerade aus dem Ausland zugezogenen Schüler, die schnell Deutsch lernen müssen; die Neuntklässler bei der schwierigen Suche nach einer Lehrstelle. Viele Lehrer wissen nicht mehr, wie sie ihren Schülern gerecht werden sollen. Darum holen sie sich Unterstützung von außen – unbürokratisch, ohne Erlass des Kultusministeriums. An Mamadous Münchner Schule gibt es seit drei Jahren Patenschaften. »Geld zu geben ist oft einfacher als Zeit«, sagt Monika Schulte-Rentrop, die Lehrerin, die an der Winthir-Schule im Münchner Westen die Patenschaften betreut; sie scheint selbst ein wenig erstaunt, dass ihre Idee überhaupt funktioniert. Bedürftige Schüler werden so auch besser kulturell integriert: »Viele lernen erst durch eine Patin, dass Frauen im Beruf Erfolg haben können.« Mittlerweile 15 Paten versuchen bei 350 Schülern an der Winthir-Schule zu helfen. Hausfrauen, Rentner, aber auch Rechtsanwälte oder ein Manager, der seinen einzigen freien Tag in der Woche seinem Patenkind widmet. Sogar Journalisten auf Recherche sind willkommen: Ich soll Mamadous Pate werden. Ihn alle paar Wochen treffen, ihn ermahnen, ihm helfen bei der Suche nach einer Lehrstelle. Mamadou ist kein schwieriger Fall, da sind sich seine Lehrer einig, es gibt viel bedürftigere Kinder an der Winthir-Schule. Mamadou ist etwas älter als mein Sohn und mir auf Anhieb sympathisch. Wieso sollte jemand wie Mamadou im reichen München mit der geringen Arbeitslosigkeit keine Lehrstelle finden? Was hat eigentlich ein afrikanischer Junge, der fließend Deutsch und Französisch spricht, auf einer Schule zu suchen, die im Volksmund schon lange nur noch Restschule heißt?

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mamadou Wie die Geschichte weitergeht, liest du bei den Kollegen vom SZ-Magazin.

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