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Schreiben Frauen anders als Männer? Das SZ-Magazin Journalismus-Heft
Wer von weiblichem Journalismus spricht, der hat ja eine bestimmte Vorstellung. Männer, die von weiblichem Journalismus sprechen, haben eine andere als Frauen, die von weiblichem Journalismus sprechen. Sie meinen dann: gefühlsbetont, träumerisch, irdischen Themen zugewandt. Ein brillantes Beispiel für die Fantasie, die Männer von weiblichem Journalismus haben, findet sich im Stück Das purpurne Muttermal von René Pollesch. Eine Schauspielerin erzählt auf der Bühne, dass sie kürzlich Thomas Bernhard eingelesen habe für eine SZ-Reihe. Und dass man nun von ihr erwarte, dass sie für die SZ etwas darüber schreibe, obwohl das nicht ihr Beruf ist. Aber weil sie ja weiß, dass bei den Zeitungen Personal abgebaut wird, stellt sie einige Überlegungen zu Thomas Bernhard an und schickt sie dem zuständigen Redakteur. Der jedoch fegt ihren Text vom Tisch und stellt ihr Fragen wie: »Ist Thomas Bernhard eher eine Lektüre für einen sonnigen oder für einen trüben Tag?« Weil die Überlegungen, die die Schauspielerin zu Thomas Bernhard angestellt hatte, klug waren, hatte der Redakteur das Gefühl, stattdessen im Namen der Schauspielerin und zum Schutze derselben, nicht zuletzt aber für die Leserinnen, »typisch weibliche« Überlegungen zu Thomas Bernhard anstellen zu müssen. Er veränderte den Text komplett und setzte ihren Namen darunter. Nicht seinen, ihren. Was aber ist weiblicher Journalismus wirklich? Ein Kolibri am Medienhimmel? Ein Kaktus in der Landschaft? Ein Furz im Weltall? Sind es die Editorials von Patricia Riekel? Die Artikel von Alice Schwarzer? Die Pamphlete von Thea Dorn? Oder etwa die Texte von Charlotte Roche? Ist jeder von uns Frauen geschriebene Artikel zwangsläufig weiblich? Ist es dieser? Und kann man (man! frau! Weiblicher Journalismus muss männliche Sprache bekämpfen!) damit – im Unterschied zu sogenannter Frauenliteratur – männliche Leser erreichen? Damit, dass man (frau), wie Feministinnen fordern, die Frau in ihrem Alltag und in ihrer Lebenswirklichkeit zeigt? Sind also die journalistischen Beiträge nur dann weiblich, wenn sie die Frau in ihrem Alltag und ihrer Lebenswirklichkeit zeigen? Dürfen sie nicht auch den Mann in seinem Alltag und seiner Lebenswirklichkeit zeigen? Dürfen und sollen sie nicht auch politisch sein, radikal, investigativ – aber dabei eben irgendwie: weiblich? In der Belletristik wird der männliche Leser schon kaum mehr gezählt. Im Journalismus ist er noch stark. Er ist stark, weil er Zeitungen liest, die von Männern gemacht werden. Von Männern für Männer. Im Netz konnten sich Machtstrukturen, die mit denen im Print vergleichbar sind, nie herausbilden. Die führenden Blogger und Twitterer in Deutschland sind zwar Männer, jedoch dicht gefolgt von Frauen, die kurz davor sind, aufzuholen (Katharina Borchert, Kathrin Passig sind hier u. a. zu nennen). Frauen – und hier komme ich auf eine weibliche Stärke, an die ich tatsächlich glaube –, Frauen sind bessere Networker. Warum das so ist? Weiterlesen im SZ-Magazin, dessen aktuelle Ausgabe sich mit der Krise des Zeitungsjournalismus befasst!
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.