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Masseur der Fußball-Nationalmannschaft: "Manchmal bin ich auch Seelenmasseur"
Von: Alexandros Stefanidis (Interview); Albrecht Fuchs (Foto)
SZ-Magazin: Herr Katzenmeier, darf ich mal Ihre Hände berühren?
Adolf Katzenmeier:
Klar, bitte schön.
Sie haben aber sehr weiche Hände.
Das kommt von der täglichen Arbeit mit Massageöl.
Was ist denn das für eine Narbe an Ihrem Zeigefinger?
Die stammt von der Europameisterschaft 1992 in Schweden. Wir spielten gegen Schottland. Guido Buchwald sprang hoch zum Kopfball und sein Gegner traf ihn an der Schläfe. Als ich auf den Platz rannte, sah ich schon, wie Guidos Finger im Gras verkrampften, und hörte ihn röcheln. Seine Zunge war ihm in den Hals gerutscht, er bekam keine Luft! Also drückte ich sofort meinen Daumen in seine Backe, zwischen Unter- und Oberkiefer, und steckte meinen Zeigefinger in seinen Mund. Aber Guido verkrampfte immer stärker, er biss mir so tief in den Finger, dass ich blutete. Gott sei Dank bekam ich seine Zunge irgendwie zu fassen und zog sie blitzschnell raus.
Sie haben ihm das Leben gerettet?
Wäre ihm die Zunge weiter reingerutscht, hätte nur noch ein Luftröhrenschnitt geholfen.
Sind an Ihren Händen noch andere Verletzungen zu sehen?
Nein. Guidos Biss ist die einzige schmerzhafte Erinnerung an mehr als 40 Jahre DFB.
Und das Halbfinale gegen Italien vergangenes Jahr – hat das nicht wehgetan?
Natürlich war das schmerzhaft. Aber wenn man mehr als 14 Welt- und Europameisterschaften mitgemacht hat, räumt man nach so einem Spiel in der Kabine die nassen Trikots und Handtücher zusammen und hält einfach die Klappe.
Einfach so?
Einfach so.
Sie sind seit 1963 beim DFB, Sepp Herberger persönlich hat Sie für den Job engagiert. Viele sehen Sie als lebende Legende.
Ich, eine Legende? Übertreiben Sie nicht.
Ob Uwe Seeler, Franz Beckenbauer, Jürgen Klinsmann oder Michael Ballack – seit Fritz Walter haben Sie immerhin jede Wade der Nation geknetet.
Ich bin jetzt 72 Jahre alt. Wenn mir Gott die Kraft gibt, werde ich auch noch mit 80 die Nationalelf massieren. Dieser Beruf ist mein Leben. Aber beim DFB arbeiten mittlerweile neben Mull (Spitzname des Mannschaftsarztes Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in der Nationalmannschaft, Anmerkung d. Redaktion) auch zwei Orthopäden, ein Internist, vier Physiotherapeuten sowie ein Sportpsychologe. Bei der WM waren zusätzlich vier amerikanische Fitnesstrainer dabei. Sie merken also: Ich bin keine Legende, sondern ein kleines Rädchen in der Kette.
Den zweiten Teil des Interviews findest du hier auf sz-magazin.de