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1. Meine Generation ist geschwätzig Vor einiger Zeit warb ein Mobilfunkanbieter mit dem Slogan »Quatsch dich leer«. Der Werbefilm zeigte Früh- bis Spätzwanziger, deren Körper im Laufe endloser Telefonate so lange an Volumen verloren, bis sie am Ende nur mehr als platte Hüllen auf dem Boden lagen, mit übergro-ßen, unbeirrt schwatzenden Köpfen. Selten habe ich in den Medien ein so zutreffendes Bild meiner Generation gesehen. Denn wenn es eins gibt, das sie quer über alle Grenzen von Wohlstand, Bildung oder Ethnie hinweg eint, dann das hemmungslose Mitteilungsbedürfnis. Wir posten Weblinks bei Twitter, laden Fotos bei Flickr hoch, aktualisieren unsere Statusmeldungen bei Facebook und scheuen dabei keine Banalität. Eine meldet, dass sie mit ihrem Boyfriend chillt, die andere brät sich ein Steak – »Mmm, lecker« –, der Nächste kratzt sich am Kopf. Die Grunger und Raver vor uns waren süchtig nach Party, Drogen und merkwürdiger Synthetikkleidung. Wir sind vor allem süchtig danach, etwas zu sagen. Egal, was.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

2. Wir sind nicht fähig, Kritik zu üben Um noch kurz online zu bleiben – das Geschäftsmodell von Facebook und Twitter lebt davon, Nutzer möglichst häufig auf ihre Seiten zu ziehen und dort möglichst aktiv zu halten. Interaktion findet aber vor allem in Form von Lob statt. Jeder für gelungen befundene Inhalt wird mit Kommentaren, Followern oder dem »I like«-Daumen belohnt. Erscheint etwas hingegen unangemessen oder langweilig – keine Reaktion. Diese Tendenz zur Affirmation fällt mir auch an der Universität auf. In München habe ich die Vorlesung eines Professors für Wirtschaftsethik gehört, dessen Haupterrungenschaft es ist, die neoliberale Wirtschaftsordnung als Apriori einer neuen Ethik eingeführt zu haben. Im Zuge seiner Ausführungen verteidigte er Kinderarbeit als historisch notwendigen Schritt zur Industrialisierung ärmerer Regionen. Aus den Reihen der Studenten kam kein Wort des Widerspruchs, außer: »Oh Mann, so kommen wir mit dem Stoff ja nie bis Semesterende durch!« 3. Wir wissen, was auf uns zukommt – und haben: Angst Klar, keine Generation vor uns ist so sicher, wohlhabend und mobil aufgewachsen. Doch wer Ende zwanzig ist oder jünger, dessen Zukunftsmusik wurde ihm als Dreiklang aus Arbeitslosigkeit, Klimawandel und Energiekrise vorgespielt. Dass Konkurrenzfähigkeit wichtiger ist als Solidarität, ist inzwischen die Kernbotschaft unseres Bildungssystems. Wir erben eine Welt, deren Natur sich unaufhaltsam verändert – und nicht zum Besseren – und deren Wirtschaftsordnung immer mehr Menschen ausschließt. Dem entgegenzusetzen haben wir aber nur Fleiß, Konsum, Kommunikation und als Hauptantrieb die Angst. Nicht vor Überwachung und auch nicht ernsthaft vor Terrorismus, sondern davor, keinen Platz in dieser Welt zu finden. Und Angst ist alles Mögliche, nur nicht produktiv. 4. Meine Generation hat keine Subkultur Die Generationen vor uns haben stets zu einer Form des Ausdrucks gefunden, mit der sie ihr Missfallen an Werten, Lifestyle oder am Kulturbegriff ihrer Vorgängergenerationen und der Massenkultur anzeigten. Hippies gegen Materialismus, Popper gegen Spiritualismus, Punks gegen Hygienismus. Meine Generation macht einfach alles irgendwie ein bisschen. Die zwei Alternativen zum Mainstream heißen Emos und Hipster. Die einen sind eskapistische Heulsusen, die anderen definieren sich über ein ganz bestimmtes Lifestyleprogramm, das sich aus diversen Posen (ein altes Rennrad fahren), Konsum (MacBooks, enge Hosen, Hornbrillen) und ironischen Anspielungen (billiges Bier, Pornoästhetik) zusammensetzt. Hipsterkultur grenzt sich gegen nichts ab außer gegen den Hipster von gestern. Sie bringt wenig hervor außer einer Ansammlung von Konsumvorgaben. Auf der nächsten Seite: Die 25-Jährigen fürchten die Konfrontation, sind sich für nichts zu schade und lieben ihr gestörtes Körperbild.

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