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Gerhard Richter: Erinnerung an ein bewegendes Gespräch

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Von: André Müller 

Es gibt launenhafte Menschen, deren Gemütsschwankungen man gerne folgt, weil man die Zerstreuung sucht, die Blaise Pascal, noch ganz unchristlich, als die einzige Rettung vor dem Schauder des Denkens beschrieb. Es gibt aber auch eine Flatterhaftigkeit, die den, der ihr ausgeliefert ist, zerstören kann. Der Maler Gerhard Richter gehört, das darf ich aus leidvoller Erfahrung sagen, zu den Launenhaften, vor denen sich ein Journalist hüten sollte.

Seine Pressescheu ist legendär. Als er mich nach einem reizenden Briefwechsel, der sich über fast drei Jahre erstreckte, dennoch nach Köln, wo er wohnt und arbeitet, einlud, muss die Freude über die schon nicht mehr erwartete Zusage, sich von mir interviewen zu lassen, meinen Verstand umnebelt haben. Frohgemut stimmte ich zu, als er mir abverlangte, das auf Tonband Gesagte danach nicht nur korrigieren, sondern, wenn es ihm beliebt, komplett zurücknehmen zu dürfen. Wir trafen uns Ende März an zwei Tagen. »Was Sie sagen«, beruhigte er mich zu Beginn, »werde ich sicher nicht ändern.«

Also fing ich sofort an zu sprechen: »Ihre Bilder sind seit Jahren die weltweit teuersten eines lebenden Künstlers. Auf der vom Wirtschaftsmagazin Capital ermittelten Rangliste stehen Sie an der ersten Stelle. Eines Ihrer abstrakten Bilder wurde unlängst bei Sotheby’s um vier Millionen Euro versteigert. In einem Spiegel-Interview sprachen Sie von wahnwitzigen Preisen und einem völligen Missverhältnis zwischen dem Wert und der Relevanz von Kunst. Die Zeiten seien verdorben. Manchmal kämen Sie sich wie ein Betrüger vor…«

Nur ungern ließ ich mich von ihm unterbrechen, denn in meinem Hinterkopf lauerte schon die Ahnung, dass er die Sätze, die er mir schenkte, danach wieder würde zurückhaben wollen. Aber ein Interview ist ja kein Monolog des Interviewers. Peu à peu setzte sich der als schweigsam bekannte Maler mit kleinen Einwänden, Ergänzungen, schließlich sogar dezidierten Statements durch, die ich ohne jene Ahnung frohlockend als Start in einen spannenden Dialog gewertet hätte.»Der Kunstmarkt«, sagte ich, eine seiner früheren Äußerungen zitierend, »würde Ihnen zurzeit jeden Quatsch abnehmen.« Dem stimmte er zu. Nun aber Vorsicht! Darf ich hier, ohne mich strafbar zu machen, Gerhard Richters markantes Lachen, das sich während unserer sechsstündigen Unterhaltung mehrmals wiederholte, beschreiben? Er hat mir, nachdem ich ihm die schriftliche Fassung unseres Gesprächs zugeschickt hatte, deren Veröffentlichung und nach Rücksprache mit seinem Anwalt sogar das indirekte Zitieren verboten.

 

Den zweiten Teil der Geschichte kannst du auf sz-magazin.de lesen.

Foto: Jens Liebchen

 
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