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"Auf Kunstmessen fühle ich mich nicht wohl. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, ich müsste duschen gehen."
Interview: Julia Decker und Holger Liebs; Foto: Rainer Hosch Mit einem Klick auf das Bild startest du die Galerie mit den ersten sechs Bildern des Zyklus' von Marcel Dzama. Die weiteren Bilder und mehr Infos zur Edition 46 findest du bei den Kollegen vom SZ Magazin:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
onloads[onloads.length] = makeImageLightbox; var myLightbox = null; function makeImageLightbox() { myLightbox = new JetztImageLightbox();} Bild Bild Bild Bild Bild Bild SZ-Magazin: Herr Dzama, die Zeichnungen, die Sie für das Magazin der Süddeutschen Zeitung angefertigt haben, zeigen fliegende Selbstmordattentäter, Verstümmelungen, Armeen. Sie sind sehr brutal, nicht lieblich wie andere Ihrer Werke. Marcel Dzama: Es geht in den Zeichnungen in der Tat um die Grausamkeiten des Krieges – aber nicht nur darum. Der Titel lautet Der personifizierte Lauf der Menschheitsgeschichte, und die ist eben nicht nur lieblich. Er ist an Dantes Göttliche Komödie angelehnt. Auf einer der Zeichnungen predigt ein Politiker von einem Podium herab den Leuten den Kreationismus – also den Glauben, dass es Evolution nicht gebe, dass sich alles so zugetragen habe wie in der Bibel erzählt –, aber sein Einflüsterer ist Pinocchio. Also ein Lügner? Und der Mann wird umringt von Affen. Tja, die treten sozusagen den Gegenbeweis an. Sie unterstützen Darwins Theorie.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Dzama Gewalt ist in Ihren Bildern sehr präsent. Doch die Darstellung kippt oft, mal ins Mythologische, mal ins Absurde. Ja, wie bei dem Zentaur, der einen Mann vergewaltigt. Eine Gottfigur, die ich dargestellt habe, um den Niedergang der Menschheit zu versinnbildlichen. Heftig. Sehr sogar. Aber die Welt ist brutal. Religion ist der Grund für eine Vielzahl von Kriegen. Warum zeigen Sie eine mehrfach verstümmelte Figur mit einem Schwert daneben? Ich beziehe mich dabei auf diese Videos, die Terroristen zeigen, wie sie Menschen köpfen. Die kursierten ja eine Zeit lang. Beziehen Sie sich auch auf Goyas berühmte Bilderfolge Die Schrecken des Krieges? Ja, in der Szene mit den Kadavern, die am Baum hängen. Ein zeitloser Zyklus, er stammt aus dem 19. Jahrhundert und ist immer noch gültig, finden Sie nicht? Im Gipfel des Baumes sieht man einen Mann im Rollstuhl. Das ist einer der Veteranen des Irakkrieges. Ich zeige die Grausamkeit, ohne eine direkte politische Aussage daran zu knüpfen. Ich verarbeite einfach alles, was man täglich in den Zeitungen und im Fernsehen mitbekommt. Die Figuren kommen einfach aus mir raus, als ob sie nur darauf warten, gezeichnet zu werden, aber dann werden sie so grausam, dass ich aufhören muss zu zeichnen. Ich mache dann eine Pause. Anders kann ich diese grausamen Kreaturen nicht mehr bändigen. Bei mir gibt es kein Schwarz-Weiß-Schema, kein klares Gut und Böse. Es ist mehr ein Grau. Zum Beispiel der Bär. Der rettet erst Menschen und später raubt er Kinder. Warum taucht der Bär immer wieder in Ihren Werken auf? Ich bin in Winnipeg in Kanada aufgewachsen und da gibt es eine Menge Schwarzbären. Man sieht sie nur selten, aber einmal als Kind, als ich mit meinem Cousin spazieren gegangen bin, haben wir ganz in der Ferne einen gesehen. Wir hatten solche Angst, dass wir einfach nur weggerannt sind, ohne ihn genauer anzuschauen. Dabei sind Schwarzbären längst nicht so gefährlich wie Braunbären. Ihre Zeichnungen sind hauptsächlich in gedeckten Farbtönen gehalten. Spüren Sie manchmal den Wunsch, eine knallige Farbe, zum Beispiel ein kräftiges Pink, zu verwenden? Eigentlich nicht. Manchmal taucht ein bisschen Rot auf. Bei meiner Kleidung verhalte ich mich übrigens ähnlich: Ich kann mich nicht erinnern, je etwas Knallbuntes angehabt zu haben. Vielleicht sage ich irgendwann mal: Moment mal, wo sind denn all die Farben hin? Aber noch ist es nicht so weit. Lies weiter bei den Kollegen vom SZ Magazin: Ich verwende französische Sätze, italienische Zitate oder spanische. Mir gefällt so ein Sprachmischmasch.