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Der Richter, der Brock Turner zu sechs Monaten Haft verurteilte, ist abgewählt
Gestern ist in Kalifornien ein Bezirksrichter abgewählt worden – ein Ereignis, das sich dort zuletzt 1932 ereignet hatte. Doch der Fall von Aaron Persky, Bezirksrichter im Santa Clara County, war ein besonderer: Persky war der Richter in dem weltweit beachteten Prozess gegen den 19-jährigen Stanford-Studenten Brock Turner, der im Januar 2015 eine 23-jährige Frau hinter einem Müllcontainer sexuell schwer missbraucht hatte. Erst nachdem zwei schwedische Austauschstudenten zum Tatort eilten, ließ er von der bewusstlosen Frau ab und versuchte zu fliehen.
Diese junge Frau las in der Verhandlungen einen bewegenden Brief an den Täter vor, der auch im Netz veröffentlicht wurde. Im März 2016 befand eine Jury Turner in drei Anklagepunkten für schuldig. Richter Persky verurteilte ihn zu einer von vielen als überaus mild wahrgenommenen Strafe von sechs Monaten Haft, von denen Turner jedoch nur die Hälfte absaß, was bei Tätern ohne Vorstrafen häufig der Fall ist.
Perskys Urteil sorgte international für Aufsehen. Dem Richter wurde von vielen Beobachtern und Aktivisten vorgeworfen, er sei zugunsten Turners voreingenommen gewesen. Genauso wie Turner, Nachwuchsstar im Schwimmteam von Stanford, war Persky selbst Sportler an der Elite-Universität gewesen. Auch das Argument des Richters, dass er die Strafe deshalb so gering ansetze, weil eine längere Haftstrafe Brock Turner nicht zuzumuten sei und sein weiteres Leben „schwer beeinflussen“ würde, sorgte bei vielen Beobachter für Entsetzen.
Und so formte sich kurz nach der Urteilsverkündung unter der Leitung der Stanford-Professorin Michele Landis Dauber ein Komitee, das sich für die vorzeitige Abwahl des Richters einsetzte. Auch viele prominenten Aktivisten unterstützten Landis Dauber bei ihrer Kampagne, darunter Lena Dunham, Channing Tatum und Amber Tamblyn.
Wie in vielen anderen US-Bundesstaaten werden in Kalifornien auch Richter oder Sherriffs gewählt, müssen dementsprechend gegenüber ihren Wählern Rechenschaft ablegen und bei Skandalen mit ihrer Abberufung rechnen. Allerdings geschieht das extrem selten. Und die Hürden für ein Abwahl-Verfahren sind verhältnismäßig hoch: Die Initiatoren mussten innerhalb von 160 Tagen 90.000 Unterschriften von wahlberechtigten Bewohnern des Countys einreichen.
Bei der Abstimmung, die aus praktischen Gründen an die primaries für die Kongresswahlen in Kalifornien gekoppelt wurde, stimmten 59 Prozent der Wähler für eine vorzeitige Abwahl des Richters, 41 Prozent dagegen. In seiner Nachfolge wird nun Richterin Cindy Hendrickson die verbliebenen vier Jahre seiner Amtszeit als Bezirksrichterin ausfüllen.
Unterstützer von Richter Aaron Persky kritisierten die Wahl als einen alarmierenden Präzendezfall. LaDors Cordell, eine ehemalige Kollegin von Persky und Unterstützerin seiner Kampagne gegen die Abwahl, sagte: „Das ist ein trauriger Tag für die Justiz Kaliforniens, denn die Wahl sendet eine eindeutige Nachricht an Richter, dass sie, wenn sie sich nicht der populären Meinung anschließen, ihren Job verlieren können.“
chwa