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Star Wars Rogue One: Digitale Wiederbelebung von Peter Cushing
Eine der am meisten diskutierten Szenen im neuen Star-Wars-Ableger ″Rogue One″ wirkt zunächst ganz unscheinbar: Schurke Orson Krennic (Ben Mendelsohn) betritt die Aussichtsplattform des Todessterns und tritt von hinten an einen Mann in klassischer imperialer Uniform heran. Treue Fans wissen: Der hagere Mann, der durch das Fenster ins All hinausblickt und es nicht für nötig erachtet, sich seinem Gesprächspartner zuzuwenden, ist Grand Moff Tarkin. „Rogue One“ spielt zeitlich vor dem Ur-Star Wars, Tarkins Auftritt ergibt also durchaus Sinn. Allerdings ist Tarkin-Darsteller Peter Cushing bereits 1994 verstorben. Trotzdem dreht sich der Mann am Fenster plötzlich zur Kamera um und beginnt zu sprechen. Es ist: Peter Cushing.
Natürlich ist es nicht wirklich Peter Cushing, es ist aber auch kein reines Body Double. Was Disney und die Tricktechniker von Industrial Light and Magic dem Publikum in ″Rogue One″ präsentieren, ist ein einziger großer Effekt. Als Körper- und Stimm-Double für Tarkin diente der Brite Guy Henry, bekannt als Todesser Pius Thicknese aus den Harry-Potter-Filmen. In der Post-Produktion wurde Henrys Gesicht dann digital durch das von Peter Cushing ersetzt.
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„Rogue One“ ist nicht der erste Film, in dem digitale Techniken genutzt werden, um Schauspieler gezielt optisch zu verändern. Schon 2006 erhielten Patrick Stewart und Ian McKellen für eine Rückblende in ″X-Men: Der letzte Widerstand″ eine digitale Verjüngungskur. Für die Rolle des alterslosen Clu in ″Tron Legacy″ wurde Jeff Bridges 2010 gleich um 30 Jahre jünger gemacht. Diese digitalen Verjüngungen hatten zwar eine passable Qualität, waren aber stets als Effekte zu erkennen. Mit Peter Cushing wurde nun zum ersten Mal die digitale Wiederbelebung eines Schauspielers gewagt.
Was die Qualität des Effekts angeht, sind sich die Zuschauer noch uneinig. Die einen verspotten den digitalen Tarkin als offensichtlichen Fake, die anderen erfuhren erst aus Kritiken, dass der Charakter animiert war. Schlechte Arbeit kann man der verantwortlichen Effektschmiede also nicht vorwerfen. Dass der digitale Tarkin immerhin einen Teil der Zuschauer täuschen konnte, ist ein kleiner Meilenstein der Tricktechnik.
Für die Zukunft des Kinos bedeutet dieser Durchbruch eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Was einmal gelungen ist, gelingt auch zweites Mal. Aber sollte die Tricktechnik all ihre Möglichkeiten ausreizen? Für viele Star-Wars-Anhänger war Tarkins Rückkehr in ″Rogue One″ eine nostalgische Überraschung – ein Stück Kindheit, das für einen kurzen Moment zurückgegeben wurde. Was wir nicht wissen, ist wie die Freunde und Hinterbliebenen diese digitale Auferstehung empfunden haben. Der Abspann von ″Rogue One″ enthält eine Danksagung an die Erben von Cushing; insofern darf man wohl davon ausgehen, dass es hier zumindest eine Absprache gab.
Wer schon mal einen Todesfall im Freundes- und Familienkreis erlebt hat, kennt das zwiespältige Gefühl, das sich einstellt, wenn man Bilder des Verstorbenen ansieht, auf einer vergessenen Mailbox-Nachricht seine Stimme hört, oder auf Facebook daran erinnert wird, ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Wie seltsam muss es da erst sein, einen geliebten Verstorbenen plötzlich auf der Leinwand zu sehen, wie er spricht und sich bewegt als wäre er noch da? Darf man einen realen Todesfall ignorieren und per Tricktechnik ungeschehen machen, um eine fiktive Geschichte zu erzählen?
Und wie steht es um die Schauspieler selbst? Hätten die einer digitalen Wiederbelebung zugestimmt? Eine Ehrung des schauspielerischen Talents ist diese Verfahrensweise nicht. Wer digital wiederbelebt wird, wird allein auf sein Bild reduziert. Die schauspielerische Leistung eines Darstellers kann die Tricktechnik nicht kopieren, die Qualität der Darbietung hängt allein von der Kompetenz der Technik und des Doubles ab. ″Als Schauspieler tust du normalerweise so, als wärst du jemand anderes,″ sagt Tarkin-Double Guy Henry im Interview mit dem Hollywood Insider. ″Hier tat ich, als wäre ich Peter Cushing, der so tut, als wäre er Tarkin″.
Eine Sparte der Filmindustrie, die das Voranschreiten der Technik besonders aufmerksam beobachtet, ist die Pornobranche. Kein Wunder: Schließlich könnte die Technologie es auch schon bald ermöglichen, Pornos mit Darstellern und Darstellerinnen zu produzieren, die niemals für einen Porno unterschreiben würden. Ein Traum für viele Porno-Konsumenten, ein Alptraum für alle, die so gegen ihren Willen zu Protagonisten solcher Filme werden könnten. Die Rechtslage ist noch unsicher – es mangelt an Präzedenzfällen.
Und auch bei den Star-Wars-Filmen gäbe es theoretisch noch nicht ausgeschöpftes Potenzial für digitale Wiederbelebungen. So verstarb im Dezember 2016 die Darstellerin Carrie Fisher, die noch bis vor Kurzem Prinzessin Leia spielte. Einer offiziellen Presserklärung zufolge ist hier allerdings keine Wiederbelebung geplant. Die Verantwortlichen entschieden sich klar für die Pietät. Ob alle Filmstudios derartige Skrupel haben, ist allerdings fraglich.
Für Henry war es eine beeindruckende Erfahrung, einem ikonischen Star-Wars-Schurken neues Leben einzuhauchen. Dennoch vertritt er im Interview eine klare Meinung zu der neuen Technologie: ″Ich denke und hoffe, es wird nicht die Regel werden. Ich könnte es mir vorstellen, wenn es der Geschichte dient, und dann wird man sicherlich darüber nachdenken. Aber ich denke nicht, dass es häufig vorkommen wird.″