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Welches Verständnis von Männlichkeit hat der Hochspringer Falk Wendrich?
„Groß, stark und mächtig“ – in dieses Bild muss heute kein Mann mehr passen. Aber was kommt stattdessen? Das haben wir uns für diese Männerkolumne von alten und jungen, bekannten und ganz normalen Männern erzählen lassen. Folge 8: Falk Wendrich, 24, ist Leistungssportler und Hochspringer beim Leichtathletikzentrum Soest. 2017 gewann er die Goldmedaille bei der Universiade, der Studentenweltmeisterschaft, in Taiwan. Seine persönliche Bestmarke im Hochsprung liegt bei 2,29 Metern – doch Falk will noch höher hinaus und arbeitet derzeit auf die Olympischen Spiele 2021 hin.
Was bedeutet für dich Mannsein?
Männlichkeit hat meiner Meinung nach viel mit Individualität zu tun. Ich persönlich hatte immer das Gefühl, nicht dem gängigen Männerklischee zu entsprechen und habe mich damit immer sehr wohl und auch männlich gefühlt. Dadurch, dass ich nicht unbedingt der starke, harte Kerl bin, kommt es manchmal auch zu kuriosen Situationen. Zum Beispiel bei der U20-Weltmeisterschaft im Jahr 2014 in den USA. Ich war damals 19 Jahre alt und nachdem ich mit den anderen Leichtathlet*innen eine Woche dort verbracht hatte, ging das Gerücht um, dass ich homosexuell sei. Das lag wohl daran, dass ich Querflöte spielte und Ballett sehr toll fand. Mit einer Freundin habe ich damals verschiedene Figuren ausprobiert. Außerdem habe ich mich viel mit Frauen unterhalten, denn mit denen verstehe ich mich meist besser als mit Männern. Ich fand es witzig, dass man deswegen über mich geredet hat und hatte nicht das Gefühl, irgendetwas klarstellen zu müssen. Ich bin zwar nicht homosexuell, aber was spielt das auch für eine Rolle? Mir ist klargeworden, dass das Klischee vom starken Mann mit breiten Schultern, der kräftig ist und beschützt, nicht mehr der Realität entspricht. Stattdessen sollte jeder Mann so sein, wie er sein möchte. Hauptsache, er ist glücklich dabei.
Ist heute alles besser?
Männer müssen heutzutage viele Rollen einnehmen und dabei bestenfalls sowohl stark als auch emotional und verständnisvoll sein. Am besten man ist ein Tausendsassa, der alle Bedürfnisse zu 100 Prozent befriedigen kann. Doch da muss man sich selbst auch einfach mal eingestehen, dass man das nicht kann. Und dass es auch okay ist, seine Schwächen zu haben. Generell fällt es Männern sicherlich schwerer als Frauen, sich Schwächen einzugestehen. Im Jahr 2015 hatte ich Depressionen und bin daher nicht bei Wettkämpfen angetreten. Viele Betroffene empfinden diese Krankheit auch als Form von persönlicher Schwäche. Doch mir wurde mit der Zeit klar, dass Depressionen jeden treffen können, ganz ohne Vorwarnung. Und dass es Teil dieser Krankheit sein kann, wenn man einfach anfängt zu weinen. Ich habe mich dadurch nie weniger männlich gefühlt, denn heute dürfen Männer eben auch emotional sein, wenn sie das möchten.
Wie stehst du zu #metoo?
Ich bin sehr froh darüber, dass es diese Bewegung gibt, weil wir immer so tun, als würden wir hier in Deutschland in einer aufgeklärten Gesellschaft leben. Wir schauen oft abschätzig auf andere Länder, in denen Frauen nach wie vor nicht ins Fußballstadion dürfen, verheiratet werden und keinerlei Rechte haben. Dabei ist auch bei uns die Welt nicht rundum in Ordnung. Auch hier gibt es sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt, Vergewaltigungen und Männer, die ihre Partnerin ermorden. #metoo gibt den Frauen eine Stimme, das finde ich wichtig.
Auch ich kenne Leute in meinem persönlichen Umfeld, die bereits belästigt wurden. Meiner Freundin wurde beispielsweise als 19-Jährige auf einer Party mal in den Schritt gefasst. Sie hat sich daraufhin umgedreht, konnte die Person aber leider nicht mehr ausmachen, die das getan hatte. Ich finde das schon einen heftigen Eingriff in die sexuelle Privatsphäre und es ist schlimm, dass derjenige einfach so davonkam. Ein besonders krasses Erlebnis hatten wir beide erst im letzten Jahr bei einem Wettkampf. Meine Freundin ist ebenfalls Hochspringerin und sollte dort antreten. Ein Mann schaute sich den das Ganze an und fragte sie, ob sie nicht motivierter wäre, wenn er nackt an ihrem Anlauf stehen würde und sie so anfeuern würde. Das war echt schockierend. Daraufhin haben wir herausgefunden, wer das ist und die Polizei eingeschaltet. Er war wohl ein polizeibekannter Exhibitionist und es wurde dann auch ein Verfahren gegen ihn eingeleitet. Ich bin froh, dass das für ihn dann auch Konsequenzen hatte.