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Wie schwer ist Wakeboarden wirklich?

Foto: Lukas Barth

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Enten sind Schweine. Das muss man echt mal sagen. Sie tun so unschuldig. Wie der Erpel, der gerade mit seinem Weibchen an der großen Sprungschanze vorbei schwimmt. Aber ich weiß, dass die beiden dabei ungeniert in den Olympiasee kacken. Ich schwimme nämlich auch in diesem See, habe gerade den Mund voll grünem Wasser und die Geschmacksrichtung ist: Ente sauer. Darauf muss man beim Wakeboarden also auch achten: Mund zu beim Sturz.

Das hatte mir der Weltmeister nicht gesagt. Nein, Dominik Gührs meinte nur: "Beim Start die Knie anziehen, die Arme ausgestreckt lassen, erst mit dem Board quer zum Wasser anfahren, dann in Fahrtrichtung drehen." Ist total einfach. Findet er. "Das schaffst du beim ersten Mal", sagt einem auch sein Kollege Dominik Hernler, der hier beim Munich Mash letztes Jahr den Contest gewann. Was ja im Umkehrschluss heißt, dass ich gefälligst beim ersten Mal stehen und fahren muss, sonst bin ich die Totalpfeife. Und der Chef von jetzt, der mir diesen Wakeboarden-Selbstversuch netterweise ermöglicht hat, fragt am Abend dann, ob ich über eine Ramp gesprungen oder die Rails gefahren sei.

Dazu muss man sagen: Die "Big Air"-Schanze ist mehr als acht Meter hoch, die Profis fliegen mehr als 20 Meter weit, die brusthohen Rails der Funbox sind 16 Meter lang. Der Parcours ist für Weltklassefahrer, die sich am Freitag (Quali, alle Infos hier) und Sonntag (Finale) am See vor dem Münchner Olympiaturm messen. Nur der Fotograf schätzt die Lage realistisch ein, wirft seine Stirn in Falten und fragt vor der ersten Fahrt: "Packst du das?"

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So sieht es aus, wenn ein Profi vom oberen Teil des Olympiasees in den unteren slidet.

Foto: Lukas Barth
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Und so sieht es aus, wenn ein Anfänger ins Wasser fällt.

Foto: Lukas Barth
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Unser Autor bei der Trockenübung. Wichtig: Arme immer schön gestreckt halten.

Foto: Lukas Barth
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Auch wenn man im Wasser ist: Stürze im Olympiasee können weh tun. Ist nämlich nicht sehr tief dort.

Foto: Lukas Barth
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Die Geschmacksrichtung des Wassers: Ente sauer.

Foto: Lukas Barth

Keine Ahnung. Ich erinnere mich noch gut an "Pleiten, Pech und Pannen" und "America's funniest home video", wo stürzende Wasserskifahrer ein beliebter Klassiker der Schadenfreude waren. Typ sitzt auf Steg, Boot fährt an, Schnur zieht, Typ fliegt Gesicht voraus ins Wasser. Auch immer schön waren die Stürze aus voller Fahrt, oder wenn ein Wasserskifahrer über eine Schanze fliegend die Kontrolle verliert. Haha. Außer man sitzt grad selber am Rand des Sees mit der Hantel (so nennt man den Griff am Ende der Schnur) in der Hand und sieht, wie über einem die Seilwinde losflitzt, die einen gleich beschleunigen wird.

Die Profis haben vorhin eine Stunde lang die ideale Seillänge und Fahrtgeschwindigkeit eingestellt – wobei zum Warmfahren und Testen mal eben kopfhohe 360er und Noseblunt-Slides gewählt wurden. Beim Wettkampf werden erst die beiden Rail-Obstacles angefahren, die im oberen und unteren Seeteil stehen. Beide Teile sind mit einer kleinen, überspülten Treppe verbunden, die die Profis einfach mit einer Art Ollie hochspringen. Zurück geht es dann über die wirklich beeindruckend große Schanze, auf der 900-Grad-Drehungen und Saltos machbar sind.

Das lockt schon jetzt eine ganze Menge Passanten an, die angetan mitfilmen und Fotos machen – leider auch als ich den Neoprenanzug, Schutzweste und Helm anziehe. Sie wissen nicht, dass ich nicht auch einer dieser Profis bin, die sich hier zur Vorbereitung auf das Großevent am Wochenende versammelt haben, bei dem Wakeboarden letztes Jahr übrigens mehr als 16.000 Zuschauer anlockte.

Wakeboarder sehen ziemlich genau wie Surfer, Snowboarder und Skater aus, sie haben allesamt muskulöse Oberkörper und erstaunlich kleine Füße. Letzteres weiß ich, weil ich mir ein Wakeboard mit Bindung leihen durfte, aber nur eins übrig war, in das meine Zehen eigentlich nicht reinpassten. Aschenputtels Schwestern sozusagen. Immerhin eine Ausrede, wenn ich mich doch nicht so gut anstelle gleich.

 

"Bereit?", ruft die Frau an der Seilwindensteuerung, die neben mir steht. Ich versuche, das schwerfällig im Wasser liegende Board an die Oberfläche zu bekommen, winkele die Knie an, lehne mich etwas nach hinten und... komme tatsächlich aus dem Wasser, kriege auch noch das Board in Fahrtrichtung, das geht alles zehn Meter lang gut, dann mache ich, wovor alle gewarnt haben: die Arme zu mir ziehen, was zur Rücklage führt und PLATSCH. So schmeckt also Entenkacke. Die Touristen schalten die Handykameras enttäuscht aus, ich stehe bis zum Bauchnabel eingesunken mitten im See. Äh und jetzt?

 

Per Zuruf verstehe ich: Ins Wasser legen – die Schutzweste hat genug Auftrieb – Brettspitze irgendwie aus dem Wasser und warten, bis dass längst über den See gespannte Seil mit der Hantel wieder zu mir fährt. Ich schaffe es bis zum Ausgangspunkt, will irgendwie bremsen, versuche dabei, möglichst cool eine Wasserfontäne wegzuspritzen, stoße mir aber dabei unsanft am flachen Seegrund das Steißbein an.

Nächster Versuch: Der Start geht gut, fahren auch. Aber wie lenkt man, frage ich mich, als ich immer schneller auf das große Rail zufahre und die Frau an der Seilwinde mir aufgeregt etwas zuruft. Ich streife das Hindernis nur leicht. Fünf Versuche später klappen Start und das Umkurven der Hindernisse und auf den letzten Metern fahre ich einhändig. Das ist nämlich die größte Überraschung: Wakeboarden ist nicht anstrengend. Darum macht das Fahren auch so viel Spaß. Ich bettele um noch eine letzte Extrarunde, und nur eine noch, außer ich darf vielleicht noch einmal?

 

Dann ist aber wirklich Schluss. Kurz Mund ausspülen und gleich die Münchner Locals mal fragen, wann man wie oft für wie viel Geld bei der nächstgelegenen Wakeboardanlage in Aschheim fahren darf. Die, erfahre ich, ist übrigens ein ganzes Eck schwerer zu fahren am Anfang, weil das Seil einen nicht sanft anschiebt wie mich, sondern man sich in die sich permanent bewegende Anlage einklinkt und der Start dann wohl etwas ruppig ist. Dafür soll das Wasser dort wesentlich besser schmecken.

 

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