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Zieht die Unterhosen aus

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Illustration: karen-ernst Als die Beamten der polnischen Kleinstadt Slupsk letzte Woche ein Reizwäscheverbot für einen Friseursalon aussprachen, taten sie nicht nur den Friseurinnen einen großen Gefallen. Sie taten auch den ersten Schritt in die richtige Richtung. Unterwäsche ist die Wurzel allen Übels und sollte abgeschafft werden. So lange wir klein sind, spielen Höschen und Hemdchen in unserem Leben eigentlich nur eine Nebenrolle. Doch spätestens in der 6. Klasse beginnt der Kampf. Mädchen mit zwölf Jahren lassen sich in zwei Kategorien einteilen: die Größeren und die Kleineren. Der Leidensweg der größeren Mädchen beginnt mit dem gut gemeinten Spruch aus mütterlichem Munde, „Liebes, ich glaube, du brauchst einen BH.“ Was folgt, ist der Gang in die Karstadt-Wäscheabteilung, die erste Anprobe, die Fachgespräche mit der Verkäuferin: „70 oder 75? B oder C?“ und schließlich Baumwolle mit Bügeln sowie eine Phase der Erniedrigung. In der Sportumkleidekabine gucken die kleineren Mädchen nur scheinbar desinteressiert, wenn der Bügel gegen ein Sporttop getauscht wird, und offenkundig mitleidig, wenn beim Volleyball plötzlich so viel mehr Masse mitspringt. Jedes Mädchen besitzt mit 13 einen Büstenhalter. Die, die nichts zum Halten hat, greift zu Täuschungsmanövern. Das ist mindestens so schlimm wie die neugierigen Blicke in der Umkleidekabine. Büstenhalter und Hosenbund Natürlich gewöhnen Mädchen sich irgendwann an Körbchen und Riemen. Ebenso wie irgendwann auch das letzte Tittenwunder aufhört, mit ihren 80 C anzugeben. Doch kaum ist das Thema endlich erledigt, steht das nächste Problem vor der Tür: die Jungs. Jungs müssen sich einem ähnlichen Übergangsritual unterziehen. Wer mit 13 noch einen Slip trägt, wird nie begreifen, wie man Coolness buchstabiert. Es gilt: Kommt Stimmbruch, kommt Boxershort, und wer spät zündet, muss nur einen Blick auf den Hosenbund des Jungen werfen, der seinen Gürtel als Erster unter der Taille trägt.Allerdings: Boxershorts sind nicht gleich Boxershorts. Und das wiederum ist für Mädchen und Jungs, die einander wollen, keineswegs eine Nebensache. Unterhosencheck und Lustverlust Ein Mädchen, das verführt werden will, muss sich unauffällig vergewissern, dass die Unterhose stimmt. Blitzt ein Stück Satin über seiner Jeans hervor, heißt das nichts Gutes. Auch enge Strechunterhosen führen bei den meisten zu drastischem Erotikverlust. Fällt das Ergebnis positiv aus, ist vorerst alles gut. Es kann geknutscht werden und mit ruhigem Gewissen der Dinge geharrt, die da noch kommen. Doch auch das ist ein Trugschluss. Mit den Dingen kommt nämlich unweigerlich der Moment, den Jungs gleichermaßen lieben und fürchten. Wieder geht es um den BH, und wieder wird gekämpft. Diesmal mit dem Verschluss. Und nein: So etwas gibt es nicht in jungsfreundlich. Seine Fingerfertigkeit zeigt dem Mädchen, dass die Nacht in jedem Fall glatt verlaufen wird. Seine Verzweiflung, dass die Sache bestenfalls im Riesenspaß, schlimmstenfalls in der Katastrophe endet. Eines ist klar: Unterwäsche zwängt uns nicht nur in ein Schema, sie ermuntert auch zu Vorurteilen. Komplett vorbei kommt daran niemand. Wie einfach wäre die Liebe ohne sie. Welche Last fiele ab von uns, wenn wir unter Jeans und T-Shirt einfach gar nichts trügen. Ganz klar: Die Polen müssen kommen, um uns zu befreien.

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