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Wie ein Film: Warum uns das Kino für Liebesdinge verhunzt
„Dass es nie so ist, wie im Kino!“ – so oder so ähnlich seufzt vermutlich fast jeder irgendwann, wenn die Zweierbeziehung schön langsam auf die Nerven zu gehen beginnt. Wenn zum Beispiel der Heiratsantrag in Form eines ordentlichen Klunkers auch nach zwei Wochen Beziehung mit klar ersichtlich wahrer Liebe immer noch nicht im Nachtisch aufgetaucht ist. Und wenn der andere ungeniert nackt durchs Zimmer spaziert, anstatt sich züchtig ins Laken zu wickeln und einem den Anblick verdellter Popacken zu ersparen. Und wenn es auch das netteste Exemplar der Männlichkeit nicht schafft, sich zumindest hin und wieder einigermaßen romantisch zu gerieren und im Sommerregen einen kleinen Stepptanz hinzulegen. Die Psychologen Kimberly Johnson und Bjarne Holmes der Heriot-Watt Universität in Edinborough haben 40 Hollywood-Liebesfilme aus den Jahren 1995 bis 2005 untersucht und Schlimmes festgestellt: Das, was dort als Liebe dargestellt wird, ist alles andere als realistisch. Sowohl wie die Liebe beginnt (nämlich zu schnell und überstürzt), als auch, wie sie endet (ebenfalls zu schnell, meist schon nach dem ersten Krach).
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Na und, könnte man da meinen – ist ja nur Fantasie und mir doch ganz egal. Aber Johnson und Holmes fürchten, dass Menschen, die dauerhaft solchen Fantasmen ausgesetzt sind, sich diese irgendwann zum Vorbild machen könnten. Und dass dann Enttäuschungen vorprogrammiert sind, ist wohl ziemlich klar.
Die Erkenntnis, dass das Leben nur sehr, sehr selten so wie im Kino ist, hat aber durchaus auch Vorteile: Man stelle sich nur vor, wie man sich fühlen würde, wenn schon nach einer Nacht der Typ Schmalziges auf die Mailbox spricht und einen dazu überreden will, bei ihm einzuziehen! Bei Lichte betrachtet klingt ein solches Verhalten eher nach psychotisch-zwanghafter Persönlichkeit mit Stalker-Mentalität, als nach einer Zweierbeziehung mit Zukunft.
Klar, schön wäre es schon manchmal, wenn es auch mal im wahren Leben zu großen Gesten reichen würde. Aber die Erfahrung lehrt einen halt doch immer wieder, dass Menschen, die zu solchen Gesten neigen, auch sonst nicht ganz richtig im Oberstübchen sind.
Und das ist – im Gegensatz zu Kinoromanzen – dann doch für reale Beziehungen einigermaßen von Bedeutung.
Text: penni-dreyer - Bild: dpa