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Verliebt, Verlassen, Verarbeitet - Drei Phasen Liebeskummer

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Illu: dirk-schmidt 1. Leiden Sie ist gestern zu ihrem Freund ins Auto gestiegen. Vorher hat sie dich noch ausgiebig an der Straßenecke umarmt. Dann hat sie dich, schon auf dem Beifahrersitz, ein letztes Mal intensiv und ernst angeschaut. Obwohl sie- was du nicht müde wirst, zu betonen- sonst immer davongegangen ist, ohne sich noch einmal umzudrehen. Am nächsten Tag fliegt sie nach Hause, bis das neue Semester an eurer Uni wieder beginnt. Tatsache ist: Sie ist weg, und hat dein Gehirn mitgenommen. Sie fährt zu ihrem Freund und lässt dich zurück in einer seismographisch hochsensiblen Körperhülle, die heftig vergrämt auf sich zärtlich liebkosende Pärchen im näheren Umfeld reagiert. Die sich verzweifelt an Erinnerungen, an Blicke, Umarmungen und Zärtlichkeiten klammert; an Eigenheiten wie ihre ständig wippenden Füße, ihre rötlichen Wangen oder die Art, wie sie die Nudeln ins Wasser wirft. An Gespräche, in denen sie mit Begeisterung und Entschlossenheit erklärt hat, sie wolle mindestens vier bis fünf Kinder haben, und nebenbei als Botschafterin die Welt bereisen. Du rekapitulierst noch einmal, warum du verliebt bist, obwohl du das gar nicht weiter hinterfragen willst. Du versuchst, dich- ziellos durch die Straßen laufend- durch das bunte Stadtgeschehen abzulenken, und endest später doch nur wieder in deiner Wohnung. Stundenlang läufst du die fünf Meter zwischen Küche und Wohnzimmer auf und ab, zermarterst dir das Hirn, und siehst deine sinnlose Anstrengung, eine Lösung zu finden, in dieser Umgebung schmerzhaft komprimiert. Schließlich legst du dich auf dein Bett, starrst die Decke an und machst dein Handy aus. Du willst jetzt für niemanden zu sprechen sein. 2. Verarbeiten Nach einer halben Stunde machst du dein Handy wieder an. Vielleicht meldet sie sich ja. Dieser bizarre Funken Hoffnung elektrisiert dich. Vielleicht ruft sie unter Tränen an. Es tue ihr so leid, sie liebe nur dich. Sie stehe gerade jetzt vor deiner Tür. Natürlich tut sie das nicht, und so langsam dämmert es dir: Du musst dringend unter Leute gehen. Es ruft eine alte Bekannte an, sie wäre in der Stadt. Sie hätte Lust, dich auf einen Kaffee zu treffen. Du zögerst keine Sekunde, und tauschst dein emotional überladenes Hybrisgewand gegen einen nonchalanten, unaufgeregten Vernunftsanzug. Für ein zwangloses Gespräch unter Freunden. Im Café wirst du jedoch überrannt, der Freund deiner Bekannten hat Schluss mit ihr gemacht. „Es tut so weh, verlassen zu werden“, sagt sie, und sieht dich hilfesuchend an. Das nervt dich zwar. Aber es gibt dir indirekt Gelegenheit, deinen Kummer zu verarbeiten, indem du ihr weise Dinge erzählst, an die du dich selber nicht hältst. Dass man den Schmerz zulassen müsse, mit der Zeit werde es besser. Man dürfe nur nicht versuchen, alles auf einmal zu vergessen. Das sei pure Psychologie, wie mit den schwitzigen Händen: Nimmt man feuchte Handinnenflächen in Gedanken billigend in Kauf, ist der eigene Händedruck in Realität so trocken wie die Serengeti. Dieses Beispiel trifft praktisch auf alles zu, was man tut. Die Liebe kommt ja auch immer dann, wenn man ganz unverkrampft auftritt und sich keine Gedanken macht. Jetzt bist du nicht mehr zu bremsen. Vielleicht, sagst du, müsse man sogar dankbar dafür sein, das Gefühl der Liebe so leidvoll und durchdringend zu erfahren. Wie soll man sonst wissen, wie sich das wirklich anfühlt? Nachdem du deine Bekannte konstant mit solchen Sätzen bombardiert hast, wie die Ballmaschine den Spieler auf dem Tennisplatz, ist sie andächtig verstummt. Und dir geht es besser. 3. Sich ergeben Am nächsten Tag bist du in Topform. Du springst aus dem Bett, isst soviel zum Frühstück wie lange nicht mehr, schreibst überschwängliche Mails, wozu eine Freundin bemerkt, du wärst eine „Stimmungsschiffschaukel“. Du erkennst besondere Kleinigkeiten, wie den Abdruck eines Ahornblatts vor deinem Haus, und freust dich daran. Alles macht dir Spaß, du hast tausend Pläne für diesen Tag im Kopf. Du bist wild entschlossen, um sie zu kämpfen, und lässt dich antreiben von einem unbestimmbaren Trotzgefühl. Die mittlerweile komplett durchgehörte Auswahl deiner CDs ödet dich an. Also hörst du Radio. Es kommen, direkt nacheinander:“Ain´t No Sunshine When She´s Gone“ und „You Can´t Always Get What You Want“. Großartig, denkst du dir, deine gute Laune bekommt erste, feine Kratzer ab. Ein Wust an erschöpfend analysierten Bildern und Sätzen kommt hoch. Schon wenig später streckst du wieder die Waffen, und legst dich, innen hohl, auf dein Bett, den Blick an der Decke.

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