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Sex mit Bild

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Illustration: karen-ernst „Hey Mama, schlafe heute mit Tom und Stefan – Bis dann, Kati“ steht auf dem kleinen Zettelchen. Wie nett, wie wohl erzogen, denkt man, und wie schön, dass es noch so vertrauensvolle Mutter-Tochter-Beziehungen gibt. Sehr anständig auch, dass Kati ihre Mutter informiert, ehe sie zum Gangbang aufbricht, damit die Frau Mama sich nicht sorgen muss. Wo also liegt das Problem? Eine gute Frage. Zumindest aber die Bild-Zeitung und ihre Werbeagentur sind offenbar der Meinung, da einem umfassenden Missstand auf die Schliche gekommen zu sein – dem die Bild-Zeitung nun eine Serie widmet. „Die geheime Welt 16jähriger Mädchen“ heißt sie und wartet mit besonders skandalösen Geheimnissen auf: 16jährige Mädchen kiffen, begehen Ladendiebstahl – und haben Sex. Wenn sie wollen auch mal mit zwei Jungs. Gleichzeitig. Das Sprachrohr der Deutschen ist empört. Das ist natürlich recht lächerlich. Einerseits variieren Kampagne und Serie der Bild nur das seit jahrhunderten gleiche Die-Jugend-heute-Lamento, das seit jeher überzogen und dümmlich war und lediglich besorgte Mütter zum Zeitungskauf animieren soll. Alte Geschichten im Alte-Herren-Remix Andererseits ist es lächerlich, dass sich ausgerechnet die Bild-Zeitung Sorgen um die Sexualmoral der Jugend machen will. Normalerweise macht die Bild lieber Auflage – mit einer Mischung aus „Zeigt doch mal die Möpse“-Humor und billiger „Dann verlegt der Klempner bei Mandy ein Rohr“-Erotik. Dass ausgerechnet die Zeitung, deren Frauenbild sich tagtäglich auf der Titelseite als Wichsvorlage offenbart, sich ernsthaft um die Unschuld junger Mädchen kümmert – das muss man nicht glauben. Vielmehr ist die kleine Geschichte um Tom, Kati und Stefan ein medialer Themencocktail, in dem die Bild-Zeitung alles Schlechte ihrer Welt vermengt. Ein konservatives Gesellschaftsbild mit restriktiver Sexualmoral am einen Ende – und immergeile, junge „Dinger“ am anderen. Heraus kommt: Das Klagelied über das Verderben der Jugend im Alt-Herren-Fantasie-Remix. Diese irrsinig postmoderne Witzigkeit Wenn man jeden Anspruch, jede Hoffnung und alle Werte aufgegeben hat, kann man da natürlich sehr überlegen mit den Schultern zucken und das alles irre ironisch finden. Und so der Bild-Zeitung jene Narrenfreiheit zu Gute halten, die irgendwo zwischen „Ist mir egal“ und stillschweigender Zustimmung anzusiedeln ist. Oder man kann überlegen, wo das eigentliche Problem hinter der Aufregung liegt – und was zu tun wäre. Unter uns: Die Antwort ist äußerst unspektakulär und klingt schwer nach Pro-Familia-Broschüre. Wenn sich Kati mit Tom und Stefan von Stereo Total hübsch besungenen „Liebe zu Dritt“ treffen mag – soll sie doch. Solange Kati vernünftig mit Verhütungsmitteln umgehen kann – und nein sagen, wenn sie auf irgendwas keine Lust hat. Das ist die eine gute Nachricht. Die andere: Es sind nur noch zehn Jahre bis Kati sich – hoffentlich – belustigt an die Nacht mit Tom und Stefan und das unbeholfene Rumgeschubse zwischen Diddelkissen erinnert. Dafür ist man ja jung – um herauszufinden, was man will und was nicht. Aber diese Erkenntnis gehört vielleicht tatsächlich in eine Welt, die der Bild-Zeitung für immer fremd und geheimnisvoll erscheinen wird.

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