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Schaut her, wir haben uns verlobt
Illustration: karen-ernst Großer, neuer, schicker Trend in der näheren Bekannten- und ferneren Prominenten-Welt: die Verlobung. Man ist schon so lange zusammen. Man mag sich durchaus, duzt die Eltern des anderen, langweilt sich manchmal auch irgendwie gemeinsam, setzt sich eines Tages zusammen und beschließt: "Lass uns die Freunde schockieren und die Verwandten plaisieren: Wir wollen uns verloben". Möglicherweise geht es auch so vor sich: Steht ein Paar vor der Auslage des Juweliers, sagt die Eine: "Schöner Ring, schade, dass ich gestern Geburtstag hatte". Sagt der Andere: "Lass uns uns verloben, dann kannst du auch mehr mit dem Geschmeide rumfuchteln und in der Öffentlichkeit besser damit angeben". Möglicherweise aber auch ganz anders. Wozu war das gleich noch mal gut? Wie auch immer der Akt selbst aussehen mag: Ganz geheuer ist diese Mode nicht. Ist das die neue junge Spießigkeit, vor der sich ältere Generationen angewidert abwenden? Oder das viel besungene Sicherheitsbedürfnis der Jungen in einer grausamen, immer mobiler werdenden Welt der Entfremdung? Nötig oder sinnvoll ist so eine Verlobung mit Sicherheit nicht. Um eine Beziehung voll zu leben - inklusive Sex und allen dazugehörigen Sperenzchen -, benötigen heute die wenigsten Menschen einen Trauschein für ihr Gewissen. Und um zu heiraten und eine Familie zu gründen, ist es auch nicht mehr nötig, jahrelang zu warten, bis man genügend Geld zusammengespart hat, um einen Hausstand zu gründen. Für all diese Dinge war die Verlobung nämlich mal gedacht. Und im Grunde ist eine Verlobung nichts weiter als die Übereinkunft zweier Menschen, dass sie einander heiraten werden. Was dagegen offensichtlich neuerdings darunter verstanden wird: ein Antrag auf einen Antrag auf eine Verbindung, die relativ lange dauern soll und möglicherweise sogar in etwas mündet, was dann eines Tages aber echt ganz schön ernst werden soll. Hauptsache, alle haben was zu feiern Und was einmal ein gegenseitiges Versprechen war, das sich zwei Menschen gegeben haben, hat sich zu einer öffentlichen Demonstration der Zweisamkeit entwickelt. Und weil eine Hochzeit eigentlich nur einmal stattfinden sollte und dann so schnell vorbei ist und irgendwie auch zu ernsthaft; verlegt man sich eben auf Verlobungen - von denen dürfen es durchaus auch mehrere sein. Klingt hübsch ernsthaft und Geschenke gibt es hoffentlich auch. Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung dagegen haben sich auf dem Weg ins 21. Jahrhundert verflüchtigt.