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Lass uns keine Freunde bleiben

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Schon beim dritten Foto stoße ich auf den verdammten Dänen. Das Bild ist von 2012, sie trägt die Haare noch länger (was ihr nicht so wahnsinnig gut steht). Es ist ein Gruppenbild in ihrem Wohnzimmer, offenbar am Ende einer langen und guten Nacht. Sie liegt mit vier Jungs und einem Mädchen rotbackig auf einer zerdrückten Couch und alle lachen sich kaputt. Darunter stehen drei Kommentare.  

„Hahaha, I miss you crazy German girls!“
Der ist bestimmt von dem verdammten Dänen.

„Miss you too – such a fun weekend! Come back!“
Der ist von ihr. Autsch.  

Seit einer halben Stunde bin ich offiziell mit meiner Freundin befreundet. Und ich hasse es. Wir kennen uns natürlich schon länger: Vor drei Monaten haben wir uns zum ersten Mal auf ein Bier getroffen. Inzwischen liegen drei Paar meiner Socken, zwei frische Shirts und mein Deoroller in der untersten Schublade ihrer Kommode. Wir verbringen fünf Nächte die Woche zusammen, wir sind sehr verknallt. Und jetzt auch Facebook-Freunde. Was für eine blöde Idee.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Warum ist dieses Foto auf ihrer Pinnwand? Und warum hat sie "gefällt mir" geklickt?

Ich habe kein Problem mit Eifersucht. Ich halte mich für einen selbstbewussten Mann, der locker drüber steht, wenn abends in einem Club ihr Exfreund schüchtern zu uns rüberwinkt. Eifersucht braucht ja immer auch jemanden, der sie schürt – und das macht sie nicht. Aber seit ich auf Facebook mit ihr befreundet bin, verwandle ich mich in einen Idioten. In einen weichgespülten, eifersüchtelnden Trottel, der jetzt auf dem Foto mit dem Dänen genau ihre Gesichtszüge studiert, um hoffentlich Anzeichen dafür zu finden, dass sie damals doch mit ein paar Joule weniger gestrahlt hat als heute, wenn sie mir die Tür öffnet.  

Ich sehe: Sie ist in meinem Profil Kontakt Nummer 696. Ich sehe: Sie hat 300 Freunde mehr als ich. (Na super.) Ich sehe: Wir haben 27 gemeinsame Freunde. Ich sehe: Sie kennt offenbar auch Peter, diesen idiotischen Barkeeper mit dem Lockenkopf, der mich vor zwei Jahren mal als Kontakt hinzugefügt hat, nur um mich ständig zu den Veranstaltungen seiner Kneipe einzuladen. Warum hat der ihr im Dezember ein Bild von einem dicken radfahrenden Mann auf die Pinnwand gepostet? Und warum hat sie „Gefällt mir“ geklickt?  

Übrigens, tolles Mädchen, meine Freundin! Witzig, selbstbewusst, unverkrampft. Loyal, diskret, rücksichtsvoll. Und natürlich brachial hübsch. Dass sie gerne feiern geht, weiß ich. Vor allem früher. Da arbeitete sie noch in diesem Club. Als wir vor ein paar Wochen mal über skandinavische Städte sprachen, erwähnte sie kurz, dass sie eine Zeitlang öfter in Kopenhagen war. "Da war mal ein paar Monate was mit so 'nem Typen." Mehr sagte sie nicht, sie hat nämlich ein feines Gefühl dafür, wenn anderen etwas unangenehm ist. Sie hat es auch nicht nötig, sich mit Männergeschichten interessant zu machen. Ich finde das erwachsen.  

Facebook liest sich wie eine Stasi-Akte - ich will's nicht wissen!

Es ist nämlich so: Wir wissen beide, dass es im Leben des anderen Jungs und Mädchen gab, bevor wir einander kennengelernt haben. Es gab sogar einige davon. Und ich bin der Meinung, dass es gerade deshalb so gut läuft mit uns: Keiner hat das Gefühl, der andere hätte deutlich mehr Erfahrung oder die Beziehung dringend gesucht, um sich aus irgendeiner Einsamkeit zu retten. Wir waren glückliche Singles, dann haben wir uns getroffen. Jetzt sind wir ein glückliches Paar. Aber seit wir Facebook-Freunde sind, bin ich ein bisschen weniger glücklich.  

Das Phänomen „Facebook Jealousy“ kennt die Psychologie schon länger – verschiedene Studien belegen, dass Facebook zwischen Partnern automatisch Eifersucht schürt. Sobald wir einander hinterherschnüffeln können, tun wir es auch. Frauen trifft diese Eifersucht übrigens statistisch häufiger als Männer.  

„Can you not quit your job in Copenhagen and come to Hamburg?“
Das ist der dritte Kommentar unter dem Bild mit der zerdrückten Couch.

Anfangs war Facebook eine schöne Möglichkeit, neue Freunde zu versammeln und Erinnerungen mit ihnen zu teilen. Inzwischen gibt es Facebook aber seit zehn Jahren. Und Profile, die nicht ständig ausgemistet werden, lesen sich wie Stasi-Akten. Menschen, die irgendwann unseren Weg gekreuzt haben, sind dort auf ewig mit uns verknüpft über Partybilder und Schnappschüsse aus dem Urlaub. Inklusive der jauchzenden Kommentare von damals.  

Aber ich: Will. Diesen Mist. Nicht. Wissen! Ich schaue mir gern Fotoalben aus der Jugend meiner Freundin an. Da sehe ich vielleicht ihren ersten Freund aus der Mittelstufe – aber nicht, wie er und sie damals über das Bild gekichert und sich angekitzelt haben, während sie es ins Album klebten.

Ich hasse es, und deshalb annulliere ich nach 34 Minuten unsere Freundschaft. Facebook, beschließe ich, ist nicht für Partner. Facebook ist für Urlaubsbekannte, dämliche Barkeeper und kurze Affären in skandinavischen Städten. Wer braucht schon eine Stasi-Akte über jemanden, mit dem er das Bett teilt?

Text: lucas-grunewald - Illustration: Sandra Langecker

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