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Frau-TV

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Illustration: karen-ernst Zwei Frauen kommen aus einem Haus, reißen sich die Kleidchen vom Leib und hüpfen nackt in den türkisfarbenen Swimmingpool. Später stehen sich dann gegenüber, mit klatschnassem Haar, das Wasser perlt auf ihren erhitzten Körpern ab, sie versinken in einem tiefen Kuss, fassen ihre erstklassig geformten Brüste an, liebkosen ihre apfelblütenknospenartigen Brustwarzen und hauchen erregende Worte. Dabei werden sie heimlich durch den Gartenzaun beobachtet – von einem überaus hübschen Mädchen, das die Szene sichtbar genießt. So, hier drücken wir erst mal auf "Pause". Porno oder großer Anspruch? Schon klar Jungs, dass euch diese Vorstellung den Sabber in die Mundhöhle treibt. Aber Contenance, denn es gibt vielleicht bald noch viel mehr davon – und zwar nicht nachts in schmuddeligen Pornostreifchen. Nein, das ist ganz legaler Stoff, den man noch nicht mal vor seiner Freundin rechtfertigen muss, weil die bei den Nackedei-Szenen selber feuchte Handflächen bekommt. Der kribbelige Quotenkracher aus den USA heißt "The L-Word". Das steht – klar – für "lesbian". Derzeit wird die zweite Staffel auf dem US-Kabelsender Showtime ausgestrahlt. Im Mittelpunkt stehen acht befreundete und zudem sehr schöne Frauen, die in erster Linie entweder schon lesbisch sind oder im Lauf der Serie konvertieren. Den Produzenten war nach eigenen Angaben Authentizität ganz wichtig: Die Rollen wurden weitgehend mit homosexuellen Frauen besetzt. Dass das männliche Geschlecht reges Interesse an der Serie haben wird, ist klar. Aber eigentlich soll es in "The L-Word" nicht nur darum gehen, Männerfantasien zu bedienen. Es soll auch eine bisher vernachlässigte Gruppe zeigen. Lesben-Serie sucht Sendeplatz "The L-Word" ist schon jetzt auf weltweitem Eroberungsfeldzug unterwegs: Die erste Staffel läuft bereits in Großbritannien, Australien, Neuseeland, Kanada, Japan, Südkorea, Island, Israel und Südafrika. In Frankreich werden die lesbischen Liaisons Mitte Juni auf dem Bezahlsender Canal Plus zur besten Sendezeit gestartet. Nur in Deutschland hat sich noch kein Sender für die schlüpfrig-revolutionäre TV-Sensation erwärmen können: VOX findet die Zielgruppe lesbischer Frauen zu speziell, der Kultursender 3sat hat ein zu kleines Budget und ZDF kauft prinzipiell kaum ausländische Serien ein. Das deutsche Lesbenmagazin L-Mag hat nun eine Unterschriftenaktion gestartet: Am 1. August soll ein jetzt schon beachtlicher Mailberg vor die Pforten eines privaten Senders gekippt werden, um diesen zu Einkauf und Ausstrahlung der Serie zu bewegen. Schöne Lesben für mehr Homosexualität im TV Keine Frage, das Frauenbild entspricht nicht den gängigen Stereotypen, die wir in Deutschland von Lesben haben. Die Figuren in "The L-Word" sind eine Mischung aus "Melrose Place"-Biestern und tratschenden Frauen, wie sie in "Sex and the City" vorgeführt wurden. Sie haben alle sehr oft Sex, lässige Berufe, schöne Domizile und fahren mit dem Cabrio durch die Straßenschluchten von Los Angeles. Ein Konzept, das vielleicht auf den ersten Blick besonders auf Heteromänner zugeschnitten sein mag. Aber mal ehrlich: Wer möchte im Fernsehen auf scheinbar von Lesben geschützte Markenzeichen wie ausrasierte Stiernacken, asymmetrische Haarschnitte oder Birkenstocksandalen stoßen? Noch viel wichtiger als der äußere Schein ist aber doch: Gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Frauen ist in der Fernsehlandschaft bisher deutlich unterrepräsentiert, wenn nicht sogar nicht-existent. Zwar hatte Samantha aus "Sex and the City" eine Folge lang ihre homosexuelle Seite entdeckt, spätestens um 22.05 Uhr mitteleuropäischer Zeit war das Gesicht der Geläuterten aber wieder in einem entblößten Männerschoß versunken. "The L-Word" ist also ein wichtiger Meilenstein in der TV-Geschichte: Lesbische Charaktere im Scheinwerferlicht – mit ihren ganz realen Alltagssorgen wie Coming Out, Verstecken der Sexualität oder Kinderwünsche. Und die heterosexuellen Figuren dort, wo man sonst die Lesben findet – nämlich im Hintergrund.

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