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Sex im Shutdown: Wenn Telefonsex die Lösung ist

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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„Hi“, hauche ich ins Telefon. „Bist du allein?“, haucht mein Freund zurück. Wir haben uns seit zwei Wochen nicht gesehen, da reicht oft schon die Stimme der*des anderen, damit sich bestimmte Körperteile ganz von allein bemerkbar machen. Da kann man den Tag über noch so emsig den von sämtlichen Expert*innen wiedergekäuten Rat befolgen und es sich selbst besorgen – die Lust auf diesen einen besonderen Menschen geht davon ja nicht weg. Ein eigenmächtig und in Einsamkeit herbeigeführter Orgasmus kann zwar für kurze Zeit Abhilfe schaffen. Doch genau wie eine Fliege, die man eben noch mit der Hand weggewedelt hat, kommt die Lust zurück. Da ist sie eigenwillig. Die einzige halbwegs nachhaltige Lösung: ein gemeinsames Schäferstündchen. Aber wie lässt sich das organisieren, wenn man den Shutdown nicht zusammen verbringen kann?

Mit 20 Kilometern Entfernung zwischen unseren beiden Wohnungen fallen mein Freund und ich normalerweise nicht in die Kategorie „Fernbeziehung“. Doch seit sich das Coronavirus ausbreitet, fühlt es sich an, als lägen nicht 20, sondern 200 Kilometer zwischen uns. Klar, getrennt lebende Menschen in Partnerschaften dürfen weiterhin Körperflüssigkeiten austauschen. Doch obwohl keine*r von uns beiden noch irgendwelche Auswärtstermine hat, haben wir so wenig Zeit wie nie zur Verfügung: An meinem Hals hängt zusätzlich zu meinem Job die Betreuung von drei Kindern, mein Freund arbeitet nun oft auch am Wochenende. Was dazu führt, dass wir uns teilweise über Wochen nicht sehen können. 

Selbst etablierte Medien veröffentlichen Tipps für maximal unpeinliche Sex-Dialoge

Damit haben wir es zwar immer noch tausend Mal besser als meine Freundin M., die nicht einmal weiß, wann sie ihren in Litauen lebenden Freund überhaupt wiedersehen wird. Ihr Flug wurde gecancelt, die Grenzen bleiben weiter dicht. Aber die Konsequenzen, die wir aus dieser Situation ziehen, sind die gleichen: Wenn es schon keinen Sex im Real Life geben kann, müssen eben andere Lösungen her. 

Der gute alte Telefonsex zum Beispiel erfährt gerade eine echte Renaissance – selbst etablierte Medien veröffentlichen Tipps für maximal unpeinliche Sex-Dialoge. Dabei finde ich ja, dass man sich gar nicht unbedingt in fiktive oder zukünftige Liebes-Szenarien hineinphantasieren muss. Viel entspannter ist es doch, sich gegenseitig zu erzählen, was genau man da gerade mit welchem Körperteil anstellt. Sich zusammen daran zu erinnern, wie es war, als man es plötzlich auf der Parkbank trieb. Oder den*die andere*n einfach nur an den Geräuschen der eigenen Erregung teilhaben zu lassen. Ihr merkt, ich komme ins Schwärmen … 

Videochat-Sex ist die Fortgeschrittenenversion des Telefonsex

Dennoch möchte ich die Fortgeschrittenenversion des Telefonsex – und ohnehin das ultimative Tool jeder Fernbeziehung – nicht unerwähnt lassen: den Videochat-Sex. Dank seiner visuellen Komponente hat er dem schnöden Telefon natürlich eine Menge voraus. Man muss sich nichts mehr vorstellen, sondern hat das Objekt der Begierde direkt vor seiner Nase. Leicht verschwommen zwar, und Gesicht und Genital bekommt man meist auch nicht gleichzeitig auf den Bildschirm, aber wer will angesichts all der Errungenschaften unseres luxuriös-digitalen Zeitalters schon meckern? Ich persönlich ziehe das Gesicht meines Gegenübers anderen Körperstellen vor, schließlich spiegelt sich Lust nirgendwo so sehr wie dort. Aber das ist sicherlich Geschmackssache.  

Die Profis unter uns kombinieren das Ganze vielleicht sogar noch mit Toys, die sich auch auf Distanz per App steuern lassen, so, als ob der*die Liebste selbst Hand anlegen würde. Doch trotz all dieser Möglichkeiten kann ich es kaum erwarten, dass es bald vorbei ist mit dem Social Distancing. Denn, egal wie sehr wir uns anstrengen — sich gegenseitig was ins Ohr zu stöhnen oder bei der Handarbeit zuzusehen, ist nur ein schwacher Ersatz für das, wonach wir uns wirklich sehnen: beim Sex nicht mehr allein zu sein. 

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