- • Startseite
- • SehenUndLernen
-
•
Eine zweite Chance für die Schiebermütze
Boxer James Jim Braddock (Russel Crowe) mit topmodischer Schiebermütze. Foto: Universal Pictures Der Film: „Das Comeback“ Das lernen wir: Schiebermützen werden das Muss des Mode-Herbstes Und dann tritt er das erste Mal auf, ein Mann, so erschütternd wie ein Erdstoß, seine Fäuste haben die Kraft einer Vorschubpresse, seine Augen gleichen der Mündung zweier Revolver und seine Statur einem Panzerschrank. Sein Ruf eilt ihm schon voraus, zwei Menschen hat er totgeschlagen im Ring, und selbst wenn er im Smoking daher gestrolcht kommt, mit dem Aussehen des Gentleman, selbst dann ist der Eindruck klar: Der hier, der ist ein erbarmungsloser Brecher, ein Killer, da ist keine Kälte kälter als der und keine Wärme könnte den erwärmen – er ist der Bösewicht, kein Zweifel. So funktioniert der Film „Das Comeback“: Alles ist eindeutig. Die armen Schweine sind so arm, dass sie genau eine einzige Scheibe Schinken zum Frühstück auf den Teller bekommen. Die reichen Schweine sind so reich, dass sie immer eine Zigarre an der Hand haben. Und der böse Schuft und Endgegner, gegen den die Hauptfigur, der von Russell Crowe gespielte Boxer James Jim Braddock, am Ende des Films kämpfen muss, der schwitzt die Boshaftigkeit schier aus, durch jede einzelne Pore. Alles ist ganz geradeheraus in diesem Film, der die Geschichte James Braddocks nacherzählt, eines einst erfolgreichen Boxers, der sich in der Zeit der großen Wirtschaftskrise in den 30er Jahren des vorherigen Jahrhunderts zäh zum Weltmeistertitel kämpft. „Das Comeback“ wird ein Boxerfilm genannt. Das ist er nicht. Zwar zeigt der Film diesen Sport genau so geradeheraus und eindeutig wie auch Verzweiflung / Ehrgefühl / Stolz plus zwei Dutzend andere Gefühle, man hört die Schläge treffen, sieht die Boxer leiden, meint fast den Schweiß zu riechen – aber gerade wegen dieser eindeutigen Darstellung, dieser Drastik, ist das Geschehen im Ring nur eines: makellos. Zu makellos. Der ganze Film ist einfach nur zu makellos. „Das Comeback“ ist, sein an den Kampfnamen des Boxers Braddock angelehnter Original-Titel „Cinderella Man“ verrät es, ein Familien-Film mit einem Schlag Boxen obendrauf. Für alle ist was dabei. Für die Männer die auf Spannung gebürsteten Kampfszenen sowie ein paar harte und ehrliche Kerle, die schön working-classy aussehen mit ihren Schiebermützen und das Herz, ja, ganz genau, am rechten Fleck haben. Für die Frauen die aufrichtigen und auch in bitterster Armut noch adretten Ehefrauen mit ihrem Herzensleid um den geliebten Mann. Für die Kinder die drei kleinen Kids des Boxers Braddock, die trotz aller Armut gar lustig und wohlfein spielen können, ansonsten aber ein wenig herumhusten wegen Kälte und überhaupt. Es ist ergreifend. Es ist gefühlsecht. Es ist furchtbar. „Das Comeback“ ist waschmittelpropaganda-toll: Wo andere Filme Gefühle nur sauber waschen, wäscht Comeback sie rein, und zwar porentief. Es bleibt nichts mehr übrig. Außer vielleicht der Erkenntnis, dass Schiebermützen richtig gut aussehen. Wahrscheinlich werden sie das Muss des Mode-Herbsts, bei „H&M“ für 9,90 Euro, ein bisschen Arbeiterklasse zum Aufsetzen. Auch ein Comeback. Der Film „Das Comeback“ läuft seit Donnerstag im Kino.