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Im Magazin jetzt - Schule&Job gibt es eine Geschichte, in der Menschen erzählen, warum sie sich für eine bestimmte Ausbildung oder ein bestimmtes Studium entschieden haben. Florian zum Beispiel studiert im ersten Semester Betriebswirtschaftslehre. Er hätte sich auch vorstellen können, Schauspieler zu werden, aber er hat sich für BWL entschieden, weil er, sagt er, mal eine Familie ernähren möchte und deshalb ein bodenständiges Studium vorzieht. Viele Berufsberater kennen diese Argumentation. Die Sehnsucht nach Sicherheit ist gerade ziemlich verbreitet, was vielleicht kein Wunder ist, wenn man in einer Zeit aufwächst, in der die Nachrichtenportale im Internet sehr häufig das Wort „Krise“ in ihre Überschriften schreiben. Aber ist es gut, sich für Sicherheit und gegen die eigenen Wünsche zu entscheiden? Sollten wir uns nicht trauen, was uns in den Sinn kommt?

Regine Siemann betreut das Personalmarketing bei Tognum, einem Spezialisten für Antriebs- und Energieanlagen in Friedrichshafen. Frau Siemann hat in ihren 25 Berufsjahren schon mehr als 30 000 Bewerbungen in der Hand gehabt, und sie hat sich einige Gedanken über die Berufswahl gemacht. „Viele versuchen sich auszurechnen, mit welchem Studium sie die besten Berufsaussichten haben. Das ist aber nicht der richtige Weg. Ich glaube, dass man in einem Beruf nur richtig gut sein kann, wenn er den eigenen Talenten und Interessen entspricht.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Wenn es um die Wahl der Ausbildung geht, spielt häufig der Begriff Selbstverwirklichung eine Rolle. Das ist ein Wort, das vielen unserer Großeltern noch fremd war. Erst Jahre nach dem Krieg, als die Gesellschaft einen gewissen Wohlstand erreicht hatte und man nicht mehr ausschließlich für das tägliche Brot arbeiten musste, begannen mehr Menschen, sich die Zukunft nach ihrem ganz persönlichen Geschmack zu gestalten. Sie folgten dabei unter anderem dem Geist der Romantik, einer Epoche, die vor allem im 19. Jahrhundert eine Rolle spielte. Die Romantiker träumten von selbstbestimmten Individuen. Deshalb kritisierten sie auch die Industrialisierung, in der die Menschen in den Fabriken zum ersten Mal zu so etwas wie fremdbestimmten Werkzeugen wurden. Heute versuchen wieder ganz viele Menschen, im Sinne der Romantiker zu leben. Und es ergibt ja auch Sinn, denn wahrscheinlich hatten wir noch nie so viele Möglichkeiten und so viel Freiheit, genau das zu tun, was uns ausmacht und am Herzen liegt.

In Hamburg gibt es allerdings eine Frau, die den Reden von der Selbstverwirklichung nicht so ganz traut. „Auf sich selbst zu hören ist nicht so einfach“, sagt Maren Lehky, eine erfahrene Personalberaterin. Sie glaubt, dass man all die tolle Entscheidungsfreiheit nur theoretisch hat. Schon die Familie und die Verhältnisse, in die wir geboren wurden, prägen unsere Pläne. Geld spielt leider auch eine große Rolle bei der Skizzierung der Zukunft. Und auch die Liebe zu einem Menschen kann unsere Wahl beeinflussen. So richtig frei sind wir also gar nicht. Außerdem muss, wer sich für eine Option entscheidet, immer eine Alternative verwerfen. Dafür braucht es Mut. Egal, wie klug wir uns entscheiden, wir werden immer ein bisschen Verlust hinnehmen müssen. Vielleicht ist es sogar unmöglich, einen Beruf zu finden, in dem sich wirklich alle Interessen und Vorlieben so auflösen wie eine Brausetablette in einem Glas Wasser.

Maren Lehky glaubt, dass die Sache mit der Selbstverwirklichung und der Freiheit und den vielen Möglichkeiten überschätzt wird. Sie hat eine einfache Theorie dazu, wie unsere Entschlüsse zustande kommen. „Das Hin und Her während der Berufsentscheidung erzeugt Spannungen“, erklärt Lehky. „Die meisten halten diese Unentschiedenheit nur schwer aus. Sie sagen sich deshalb: Ich mach das jetzt einfach – und schnüren den Sack schnell zu.“ Maren Lehky findet solche Ruckzuck-Entscheidungen auch gar nicht schlimm. „Wie viel Prozent aller Schüler wissen denn schon von klein auf, was sie werden wollen? Sind es fünf Prozent? Sind es zehn? Es gibt so viele Möglichkeiten – wer kann da überhaupt ein genaues Bild davon haben, was zu ihm passt? Ich finde, es reicht, den Moment zu betrachten. Im Moment der Entscheidung muss ich sicher sein: Das ist gerade das, was ich machen will.“

Doch was ist, wenn man später spürt, dass der Moment falsch gewählt war? In Deutschland ist es bislang nicht besonders leicht, einen eingeschlagenen Berufsweg zu korrigieren. Viele Personalchefs wünschen sich immer noch „bruchfreie“ Lebensläufe, weil in den Unternehmen weniger Menschen mehr arbeiten müssen. Für diese Jobs braucht es angeblich berechenbare Mitarbeiter, die ihre Ausbildung ohne Umschweife zu Ende gebracht haben. Regine Siemann glaubt, dass sich diese Einstellung gerade ändert. Sie selbst sieht es lieber, wenn Menschen nach ein, zwei Semestern Studium feststellen, dass sie im falschen Fach stecken, und dann wechseln. „Das ist besser, als es nicht zu tun, nur weil man einen stringenten Lebenslauf haben will.“ Frau Siemann rät jedem, sich zur Selbstvergewisserung, zur Überprüfung der eigenen Entscheidungen immer wieder drei wichtige Fragen zu stellen: Welche Motivation habe ich? Was kann ich gut? Was fasziniert mich? „Darüber sollten die Leute nachdenken und sich dann an sich selbst orientieren. Sie sollen sich ausprobieren. Und wenn sie sich unterwegs neu entscheiden, macht das gar nichts.“

Es ist nicht schlimm, wenn man sich bei der Entscheidung für einen Beruf oder ein Studium nicht gleich alles traut. Schlimm ist es nur, wenn man sich nicht traut, eine Entscheidung zu korrigieren, die sich als falsch herausgestellt hat.

Dieser Text ist im Magazin jetzt - Schule&Job der "Süddeutschen Zeitung" erschienen. Eine Übersicht der Texte aus dem Heft findest du im Label Schule_und_Job.


Text: peter-wagner - Foto: .marqs/photocase.com

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