Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Das Rikscha-Tagebuch: Wilde Maus

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Viele Leute, die bei mir mitfahren wollen, sind erschrocken, wenn sie den Preis für die Fahrt hören: „Was? 30 Euro? Da kann ich ja gleich ein Taxi nehmen!“ Sie erwarten, dass eine Rikschafahrt billiger ist als eine Fahrt mit dem Taxi – sie dauert schließlich auch länger.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

  

Doch Rikschafahren in München ist – anders als in Indien – kein billiger Taxiersatz. Es ist eher ein Luxustransportmittel, mit dem man gemütlich zum Marienplatz fährt oder eine Sightseeingtour macht. Und dafür zahlt man auch einen ordentlichen Preis. Auf der Wiesn kommt allerdings noch eine andere Komponente hinzu: Die Rikscha hat sich dort inzwischen als Wiesn-Attraktion etabliert – noch dazu als einzige, die nach elf Uhr noch in Betrieb ist. Wenn die Leute aus den Zelten stürmen, werden die meisten Rikschas zu einem Fahrgeschäft auf Rädern. Sie leuchten bunt und laute Musik dröhnt aus ihren Boxen. Das Wiesn-Volk will in der Regel Action, wenn es gefahren wird. Es will schnell und mit gewagten Manövern zum Hauptbahnhof gebracht werden. Die Rikscha wird dann zu einer Art Wilden Maus auf der lauten und überfüllten Schwanthalerstraße. So hat es ein Kollege von mir treffend beschrieben.

Gestern wollte eine Gruppe von Schweizern so schnell wie möglich zum Hauptbahnhof gefahren werden. Als sie merkten, dass ich alles dafür tat, um ihren Wunsch zu erfüllen, stimmten sie alkoholgeschwängerte Loblieder auf mich an. Als wir ankamen, umarmte mich jeder von ihnen. Sie versicherten mir, dass sie die nächste Wiesn mit Sicherheit wieder Rikschafahren würden. Am Ende gaben sie mir noch ein gutes Trinkgeld.  

Solche Leute sind der Grund, warum Rikschafahren so ein lukrativer Job ist – und warum es manchmal einfach Spaß macht, Betrunkene durch die Gegend zu fahren.

Folge verpasst? Das komplette Rikscha-Tagebuch kannst du hier nachlesen.   



Text: alexander-gutsfeld - Foto: himberry/ photocase.de

  • teilen
  • schließen