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Werbespot mit Bar Refaeli wird wegen Islamophobie kritisiert
Als Werbemensch, der Klamotten verkaufen soll, hat man es nicht leicht. Ein einfaches „Hier, unsere Klamotten sind schön, sehen cool aus, es gibt sie auch in verschiedenen Farben“, reicht nicht. Wer erfolgreich Werbung machen will, muss Emotionen hervorrufen, einen Lifestyle kreieren, eine Haltung haben und eine Message rüberbringen. Das alles in einem 20-Sekunden-Spot unterzubringen und dabei auch noch die coolen Klamotten zu zeigen, ist schwer. Noch schwerer ist es wohl, in 20 Sekunden coole Klamotten zu zeigen und gleichzeitig ein ganzes Land, eine ganze Religionsgemeinschaft und irgendwie auch ein ganzes Geschlecht gegen sich aufzubringen. Aber ein isrealisches Modeunternehmen hat genau das gerade geschafft. Und Supermodel Bar Refaeli hat ihm geholfen.
Ein Bild von ihr mit Niqab tauchte laut The Jerusalem Post am vergangenen Sonntag in einer Zeitung und auf Plakaten und anderen Werbeflächen in Israel auf. In hebräischer Schrift darunter nur die Frage: „Ist hier Iran?“, was man etwas freier wohl auch übersetzen könnte mit „Sind wir hier in Iran, oder was?“. Die Auflösung folgt kurze Zeit später mit der Veröffentlichung eines Werbevideos auf Facebook, YouTube und Instagram – sowohl auf dem Account des Unternehmens als auch auf Refaelis Account mit 2,7 Millionen Followern.
In dem Video schlägt das Model die Augen durch die Öffnung eines Niqabs auf, zieht ihn sich dann von Kopf, um danach ihre Haare zu schütteln, in einem bauchfreien Pulli durch den Raum zu tanzen und Kickbox-Übungen oder sowas zu machen. Am Ende die Botschaft: „Freedom is basic – Freiheit ist einfach“.
Mit diesem Werbefilm kann man sicherlich mehrere Probleme haben. Das größte ist so offensichtlich, dass es fast keiner Erklärung bedarf: Er suggeriert, dass Frauen, die religiöse Kleidungsstücke wie Niqabs tragen, automatisch als Frauen zu sehen sind, die unterdrückt werden. Gleichzeitig spricht der Spot damit muslimischen Frauen ihre Entscheidungsfreiheit ab, was ihre Kleidung und ihre Religion angeht, und vermittelt einmal mehr das Klischee, dass es undenkbar ist, dass sich Frauen freiwillig für eine wie auch immer geartete Verschleierung oder Körperbedeckung entscheiden. Die Lösung für die unterdrückten Frauen: Niqab runter, einfach einmal aufhören, sich unterdrücken zu lassen und einen bauchfreien Pulli kaufen. Weniger Klamotten bedeuten mehr Freiheit.
Das Absurdeste an dieser Werbung bringt Nuseir Yassin, der arabisch-israelische Reiseblogger, in einem Video auf seinem Facebook-Account „Nas Daily“ auf den Punkt: nämlich die Tatsache, dass es dieses Video überhaupt gibt. An so einer Produktion sind viele, viele Menschen beteiligt. Wie kann es sein, dass sich in dem ganzen Prozess nicht einer dieser vielen Menschen mal meldet und gesagt hat: „Äh, also, ich weiß ja nicht, aber, hmm, vielleicht sollte wir da nochmal drüber nachdenken?“
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Die traurige Antwort darauf: Wahrscheinlich, weil das Unternehmen die Aufregung sehr bewusst ausgelöst hat, um Reichweite zu generieren.
Von beiden Instagram-Accounts und von Facebook ist das Video mittlerweile wohl gelöscht worden, wie Buzzfeed News dokumentierte, weder das Unternehmen noch das Model haben sich bisher zu der Kritik geäußert. Auf YouTube hat der Spot derzeit knapp 170.000 Aufrufe. Dafür, dass die Reaktionen kalkuliert waren, könnte auch sprechen, dass es noch eine acht Sekunden längere Version der Werbung gibt: In der sieht man neben Refaeli auch das Transgendermodel Stav Strashko, den ultraorthodoxe Moderator Melech Zilbershlag und Tahounia Rubel, ein israelisches Model mit äthiopischer Herkunft für ein paar Sekunden. Damit könnte das Label versuchen, zu zeigen: Nein, nein, alles falsch verstanden, wir wollten uns mit diesem Video doch einfach gegen Rassismus und Fanatismus und für die Freiheit aller aussprechen. Laut Jerusalem Post war das die eigentliche Intention der Kampagne.
Im Prinzip gibt es also zwei Möglichkeiten: Den Machern des Videos ist die Respektlosigkeit entgangen, die sie da verbreiten oder sie haben sie bewusst eingesetzt, um Aufsehen für ihre Marke zu erregen. Die Kritiker dürfte wohl keine dieser beiden Varianten versöhnlich stimmen.
tf