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Die Jünger des Spaghettimonsters verklagen das Land Brandenburg
Jeden Freitag ist Nudelmesse in Templin. In einem umgebauten alten Stall werden die Reliquien gepriesen, das Glaubenskenntnis gesprochen – und natürlich wird das "Monster Unser" aufgesagt. Dann: Abendmahl. Aber nicht "aus Fleisch und Blut, wir sind ja keine Kannibalen", sagt Rüdiger Weida, Vorsitzender der deutschen Sektion der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters e.V.". Sondern: Spaghetti mit Olivenöl. Und Bier. Gäste sind dabei herzlich willkommen. Denn "Pastafaris" gibt es überall. Einmal war ein Pilot aus der Türkei da, einmal sogar ein Chinese.
Deshalb wollen die Pastafaris für ihre Nudelmessen werben wie jede andere Gemeinschaft auch. Mit Hinweisschildern am Ortseingang. Wie jene der katholischen, evangelischen und evangelikalen Gemeinden. Wie man sie an vielen Straßen in Deutschland sieht. "Mit dem Bürgermeister von Templin und dem Direktor des Landesbetriebes Straßenwesen, die das entscheiden, waren wir uns einig", erzählt "Bruder Spaghettus" alias Rüdiger Weida.
Doch dann wurden die schon aufgestellten Schilder wieder entfernt. Sie hingen an den Masten der Kirchen. Also erlaubte der Bürgermeister die Schilder an den städtischen Masten. Wo sie heute noch hängen. Doch auch das soll jetzt nicht mehr erlaubt zu sein. Warum nur? Wer könnte etwas gegen die friedlichen Nudelfreunde haben? Das muss jetzt das Landgericht klären. Denn Bruder Spaghettus hat das Land Brandenburg verklagt.
Am Mittwoch, den 6. April, wird unter dem Zeichen 11 O 327/15 im Saal 404 des Landgerichtes Frankfurt/Oder der Rechtsstreit der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e.V. gegen das Land Brandenburg verhandelt. Und Bruder Spaghettus ist frohgemut: "Egal wie es ausgeht – die Gegenseite hat sich tüchtig ins Knie gebohrt." Denn entweder werden die Schilder wieder erlaubt. "Oder wir gehen eben vor die nächste Instanz" – inklusive mehr Aufmerksamkeit für ihr "ernstes Anliegen."
Denn eigentlich will man auf die Privilegien der etablierten Kirchen aufmerksam machen, hinsichtlich Arbeitsrecht oder eben öffentlicher Schilder. Und auf den eigenen Ansatz eines "evolutionären Humanismus", der, ohne Glaube an ein höheres Wesen, das Gute in der Welt will. "Wir sind nicht die sinnfreie Spaßtruppe, für die uns viele halten", sagt Weida. Die offizielle Satzung sieht als Ziel die "Förderung wissenschaftlicher Weltanschauung" vor. Und ein bisschen Quatsch.
Gegründet wurde die Kirche 2005 in den USA als Reaktion auf die dort erstarkenden "Kreationisten". Diese meist fundamentalen Christen zweifeln die Evolution grundsätzlich an. Und schafften es, dass ihr Glaube an die göttliche Schöpfung gleichberechtigt an Schulen gelehrt wird. Dieser Gleichsetzung von religiösen Einstellungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen traten die Pastafaris entgegen. Und zwar mit einer gehörigen Portion Quatsch mit Soße. Sie sagten: Wenn die ihre wissenschaftlich unbewiesenen Behauptungen an Schulen verbreiten dürfen, wollen wir auch von dem Spaghettimonster erzählen dürfen, an das wir glauben. Von dem freundlichen Wesen, das im Himmel mit einem Biervulkan auf uns wartet.
Wegen dieses aufklärerischen Geistes sind die Pastafaris in Templin als "Weltanschauungsgemeinschaft" und gemeinnützige Körperschaft anerkannt. Und haben damit das gleiche Recht wie die christlichen Kirchen, auf ihre Versammlungen aufmerksam zu machen. So sieht es zumindest der Direktors des Landesbetriebes, der über die Straßenbeschilderung zu entscheiden hat.
Dass sich die damalige Kultusministerin Sabine Kunst erst öffentlich via Medien einmischte, dann wohl Druck auf den Landesbetrieb ausübte, die Schilder zu verbieten – das beschäftigt jetzt das Landgericht. Es liegen angeblich E-Mails des Direktors vor, der sich gegen die Einflussnahme wehrte. Einem Journalisten, der sich beim Landesbetrieb nach dem Fall erkundigte, wurde beschieden, man hätte "auf Weisung eines Ministeriums" entschieden.
Weida sieht das als Eigentor der ehemaligen Ministerin. "Sie hat da ganz klar ihre Kompetenzen überschritten", glaubt er. Und forderte ihren Rücktritt. Inzwischen ist Sabine Kunst, ausgerechnet, Rektorin der Humboldt-Universität zu Berlin. Dass sie auch die Schwester der örtlichen Bischöfin und Synodalen ist, hat mit ihrem Pasta-Protest vermutlich so viel zu tun wie ein Spaghettimonster mit Gott – insofern es die denn überhaupt gibt.
"Manche Kirchenvertreter sehen uns als Unglück für die Gesellschaft", vermutet Weida. "Die sind es noch nicht gewohnt, dass andere sich auch organisieren und aktiv tätig werden. Und auf ihren Markt drängen, auf dem sie bis jetzt Sonderprivilegien genießen."
Ein Pastafari würde sagen: Ramen, Bruder Spaghettus.
UPDATE: Die Spaghettimonster-Anhänger sind vor dem Landesgericht Frankfurt (Oder) gescheitert.