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Horror-Mitfahrgelegenheit: Der seltsame Schrottkarren-Fahrer

Die Mitfahrgelegenheit wird zum Horror, wenn der Fahrer sich sorgen muss, ob die Kiste bis zum Ende durchhält.
Illustration: Julia Schubert

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Strecke: Von Leipzig nach Berlin mit der Mitfahrgelegenheit.

Der Fahrer: Linus, der Seltsame.

Horrorstufe: 4 von 10

Vergangenen Sommer wollte ich mit meinen zwei Freunden Else und Jan auf ein Festival in Berlin fahren. Die beiden wohnen in Leipzig und ich besuchte sie gerade dort. Da keiner von uns ein Auto besitzt, buchten wir uns spontan eine Mitfahrgelegenheit. Voller Vorfreude und mit schweren Rucksäcken bepackt, warteten wir am vereinbarten Treffpunkt auf unseren Fahrer.

Als der Mittfünfziger Linus ziemlich verspätet um die Ecke bog, tuckerte sein alter Ford Fiesta mehr vor sich hin, als richtig zu fahren. Mein Kumpel Jan äußerte sofort seine Bedenken, Else und ich beschwichtigten ihn, es seien ja eh nur zwei Stunden bis nach Berlin. Schon beim Aussteigen wirkte unser Fahrer ziemlich gestresst und ignorierte die Hand, die ich ihm zur Begrüßung entgegenstreckte. Wir sollten schnell einsteigen, sagte er, er habe es eilig. 

Wir stiegen also ein, ich setzte mich auf den Beifahrersitz und meine zwei Freunde auf die Rückbank. Im Auto lag ziemlich viel Kram herum, eine Mischung aus Müll und vielleicht noch Essbarem. Jan und Else sammelten es erst mal ein und verstauten es unter den vorderen Sitzen. Linus schien davon nichts mitzubekommen, hektisch stellte er die Navigation in seinem Handy ein und fuhr los.

Sogar der Flixbus schien mit einer unfassbaren Geschwindigkeit an uns vorbei zu rasen

Sehr bald wurde mir dann auch klar, warum es unser Fahrer so eilig hatte: In diesem Tempo würden wir bestimmt doppelt so lange nach Berlin brauchen, wenn wir es denn überhaupt schafften. Wir ruckelten und tuckerten auf der Autobahn vor uns hin. Sogar der Flixbus schien mit einer unfassbaren Geschwindigkeit an uns vorbei zu rasen. 

Nach kurzer Zeit auf der Autobahn fuhr Linus auf den Standstreifen und sprang aus seiner Karre. Ich schaltete die Warnblinkanlage ein. Es gab wohl Probleme mit dem Reifen. Aus dem Kofferraum holte er Werkzeug und schraubte ein paar Minuten planlos am Auto herum. Als er dann wieder ins Auto stieg, schien er erleichtert zu sein und sagte, dass jetzt doch noch kein Reifenwechsel anstehen würde. Unsere Anspannung wuchs, wir mussten uns komplett auf die Meinung unseres Fahrers verlassen, die alles andere als fachmännisch schien.

Nach zwei sehr langsamen Stunden schlug Linus eine Pinkelpause vor und wählte die nächste Autobahnausfahrt, an der eine Raststätte ausgeschildert war. Dort angekommen wollten meine zwei Freunde und ich im Auto sitzen bleiben. Linus drehte sich zu mir um und fragte: „Kannst du mir ein Redbull kaufen? Die Dame an der Theke wird mir keins mehr verkaufen. Ich gebe dir auch Geld mit.“

„Und, seid ihr schon druff?“ Diese Frage kurz vor dem Ziel kam mir irgendwie komisch vor

„Äh, ja, ok.“ Ich öffnete die Tür und machte mich etwas überrumpelt auf den Weg. Beim besten Willen fiel mir keine Erklärung für sein sonderbares Verhalten ein und auch die Kassiererin wirkte völlig normal. Als ich ihm die Dose überreichte, nickte er mir kurz zu und leerte sie in einem Zug.

Zurück auf der Autobahn zündete sich unser Fahrer eine Zigarette nach der anderen an. Immerhin öffnete er sein Fenster, was bei unserer langsamen Fahrt auch überhaupt kein Problem war. Da es Sommer war und ziemlich heiß, öffnete auch Jan das Fenster, der direkt hinter Linus saß. Irgendwann schrie Jan kurz auf, die Asche von Linus' Zigarette hatte ihn direkt ins Auge getroffen. Später erzählte er mir, dass er ab diesem Zeitpunkt versuchte, unseren Fahrer durch böse Blicke im Seitenspiegel abzustrafen. Wirklich erfolgreich war das aber nicht.

Nach einigen Stunden erreichten wir dann endlich Berlin und Linus kam plötzlich in Redelaune. Er fragte nach unseren Festivalplänen und wie wir beim Feiern so ticken: „Und, seid ihr schon druff?“ Diese Frage kurz vor dem Ziel kam mir irgendwie komisch vor, saßen wir doch seit einer gefühlten Ewigkeit schweigend nebeneinander und wirkten alles andere als berauscht. Linus schien das nicht zu beirren und er sinnierte ausgiebig über den richtigen Dresscode für Berliner Swinger Clubs. 

Auf der Oranienstraße in Kreuzburg hielt er abrupt an und quetschte sein Auto in eine winzige Parklücke. Erleichtert stiegen wir aus und begaben uns auf schnellstem Weg zum Festivalgelände. Nach zwei Tagen gingen wir dann zufällig an derselben Stelle vorbei und siehe da: Linus Schrottkare stand immer noch da und war durch die äußerst schiefe Lage kaum zu übersehen. 

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