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Zehn Dinge, die einem in Deutschland erst auffallen, wenn man länger weg war

Collage: Daniela Rudolf / Fotos: suze / photocase / freepik / pixaby

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Pfand

Tatsächlich gibt es (außer in Skandinavien) nirgends auf der Welt ein so ausgefuchstes Pfandsystem wie in Deutschland. Da muss man sich erst mal wieder dran gewöhnen, wenn man wochenlang alles in die gleiche Mülltonne gehauen hat. Das kann zu leicht unangenehmen Situationen führen, wenn du mit dem Kopf noch in den österreichischen Bergen bist. Greift man in München jetzt für 25 Cent noch mal in die Tonne oder bleibt man einfach noch im Urlaubs-Wegwerf-Modus? Spätestens bei der nächsten WG-Party wird man das lästige Sammeln dann wieder zu schätzen wissen, wenn man sich vom Pfand der letzten Nacht gleich einen neuen Kasten Bier kaufen kann. 

Warten statt Quetschen

Egal ob in der Londoner U-Bahn oder dem indischen Sammeltaxi: Einer geht immer noch rein. So exzessives Gequetsche und Geschubse wie in den öffentlichen Verkehrsmitteln vieler anderer Länder erlebt man selten in Deutschland. Höchstens vielleicht mal nach einem Fußballspiel, aber selbst dann bleibt meistens noch ein bisschen Platz zum Atmen. Ist die U-Bahn voll, wartet man halt auf die nächste. Vielleicht ist das Bedürfnis nach Körperkontakt hier weniger ausgeprägt oder die Leute haben es einfach nicht besonders eilig, irgendwo hinzukommen.     

Club Mate 

Ein absolutes Rätsel, warum dieses göttliche Getränk die Welt nicht erobert. Tatsächlich findet man nirgends ein vergleichbares Wach-Mach-Getränk, das man außerdem noch mal verschließen kann. Klingt vielleicht banal, rettet aber so manchen lahmen Abend. Wie sehr der Kaffee-Ersatz fehlt, merkt man im Ausland erst bei der ersten Nachtschicht in der Bibliothek. Exportiert wird das Getränk nach wie vor nur spärlich.  

Angst auf klapprigen Fahrrädern

Insbesondere in deutschen Kleinstädten muss man regelrecht Angst haben, wenn das Fahrrad nicht hundert Prozent in Schuss ist. Manche Städte setzen so viele Polizeieinheiten auf die Kontrolle der Schrott-Räder an, dass man fast glauben könnte, es gäbe sonst keine Kriminalität in diesem Land. In der „Fahrradstadt“ Freiburg verstecken sich Polizisten sogar in Büschen vor der Uni und stoppen die Zeit, wie lange die Ampel schon rot war, bevor man drüber ist. An der nächsten Kreuzung wird man dann aus dem Verkehr gezogen. Glaubt einem im Ausland keiner, diese Geschichte.  

Spätis 

Die Dichte enorm kleiner Läden mit absurd großer Getränkeauswahl ist in Deutschland so hoch, wie nirgends sonst auf der Welt. Wer sich darüber streitet, ob München jetzt einen Späti bekommt, der länger als 20.00 Uhr geöffnet ist, hat ein Luxusproblem. Woanders ist es manchmal schwer, überhaupt Getränkeläden mit so einer riesen Auswahl aufzutreiben. Das Gefühl, sich durch ein Labyrinth aus viel zu vielen Kisten in einem viel zu kleinen Laden zu navigieren, um am Ende das perfekte Getränk für den Abend zu finden, ist einzigartig.    

Clubs und Vereine

Wenn man in Deutschland über Land fährt, fallen einem die vielen Schilder auf. So ziemlich jeder Ort hat eine freiwillige Feuerwehr, einen Musikverein, einen Kegel- oder Segelclub. Kaum eine Kindheit vergeht in Deutschland, ohne zumindest kurzzeitig mal in einem Verein eingehegt worden zu sein. Heute nennen wir unsere Hobbys vielleicht einfach nur Chor oder Pilates, im Grunde bleibt es aber das gleiche Vereins-Prinzip mit einem Vorstand, einem Kassenwart oder zumindest einer Sprecherin. Wenn man das Leuten im Ausland erzählt, stellen die sich ein inzestuöses Netzwerk aus sektenartigen Gruppierungen vor.       

Zu-verschenken-Kisten 

Schrott wird in den meisten Ländern gleich entsorgt oder, sofern er noch irgendwie brauchbar ist, sofort weggeschmissen. Scheinbar bringen das viele Menschen in Deutschland nicht übers Herz und legen ihre ausgeleierten Hemden und unsäglich kitschigen Groschenromane lieber in eine „Zu-verschenken-Kiste“ an den Straßenrand, statt sie in die Tonne zu hauen. Meistens mutieren diese Kisten dann zum Mülleimer der gesamten Straße und selten findet sich darin noch irgendetwas Brauchbares. Die „nichts-verkommen-lassen“-Kultur wirkt etwas absurd, wenn man längere Zeit in einer Stadt gelebt hat, in der solche Ansammlungen in den saubergefegten Straßen  Zeichen von sozialem Verfall waren. 

Stille auf der Straße 

Wer seinen Führerschein in Deutschland gemacht hat, wird gelernt haben, dass die Hupe nur im äußersten Notfall einzusetzen ist. In so ziemlich allen ost- und südeuropäischen Ländern sieht man das ein bisschen lockerer. Da ist die Hupe Teil der Kommunikation – wie ein Blinker oder Warnlicht. Sie kann bedeuten „Achtung, ich bieg gleich ab!“, „Parkst du aus?“ oder „Wehe du wechselst auf meine Spur!“. Was für einen Lärmpegel dieses Gehupe woanders im Alltag ausmacht, merkt man erst auf den sehr stillen Straßen in Deutschland.

Cornern 

Unmittelbar mit dem Konsum von Alkohol verbunden, gehört dieses Ritual nicht erst seit den G20-Protesten in Hamburg zur deutschen Sommerkultur. Gecornert wird überall. Mit einem Bier in der Hand im Park, an Straßenecken oder auf Plätzen und in Fußgängerzonen. Wer das woanders etablieren will,  bekommt mitleidige Blicke von Passanten oder wird von der Polizei verscheucht. Dass Sitzen so eine Besonderheit sein kann, lernt man erst mit dem Sommer in deutschen Großstädten zu schätzen. 

Kaum Militär im öffentlichen Raum

Wer in New York oder Paris am Flughafen ankommt, wird erst mal von Militärpatrouillen empfangen. Also nicht diese normalen Zollbeamten mit einer kleinen Pistole am Gürtel, sondern durchtrainierte Marines mit dicken Maschinenpistolen. Dass Sehenswürdigkeiten und öffentliche Plätze in Deutschland eher sporadisch von Polizisten (die meistens in ihrer Wanne sitzen und Pausenbrote essen) bewacht werden, fühlt sich irgendwie angenehmer an. 

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