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The Band Has No End
Die guten Nachrichten zu erst: Das neue Strokes-Album ist erstens da, zweitens sehr gut gelungen und reißt, drittens, viele Journalisten zu allerlei blödsinnigen Deutungen hin, wie man nach dem kaum geheimen Geheimkonzert der Band vor wenigen Wochen allerorts, vor allem aber beim Alten Herren der Borderline-Schwadronage, Joachim Lottmann, nachlesen konnte. Von Konservativismus und Langeweile, pogenden Jurastudenten und unkritischen Fans war da zu lesen und am Ende bewies das allseitige Gekeife und Gejammere eigentlich nur, dass die Strokes nach drei Alben und vier Jahren noch immer eine Band sind, die kaum einen kalt lassen. Denn genau das war ja zu befürchten gewesen: Das Casablancas und die Seinen einfach wieder den Bauplan, der einst die EP „The Modern Age“ zu so einem Herzburner hatte werden lassen, wieder aus der Schublade ziehen oder, ebenso schlimm, einfach auf dem etwas kühler gekochten Niveau des letzten, oft zu unrecht unterschätzen Albums „Room On Fire“ weitermachen. Nichts von alledem ist eingetreten. „First Impressions Of Earth“ weckt vielleicht nicht sofort die Euphorie, in die einen „Last Night“ anfangs versetzte, aber es packt einen dann doch. Aller Tempowechsel, aller Metalsoli, der langsameren Gangart und allen Wunderlichkeiten zum Trotz. Oder, etwas später im Prozess des Einhörens: Gerade wegen diesen Veränderungen und Überraschungen ist auch „First Impressions“ ein fabelhaftes Album. Eindrucksvollstes Beispiel hierfür ist sicherlich „Ask Me Anything“, bei der Casablancas Stimme allein vor einer obskur im Hintergrund dudelnden Bratsche zu hören ist. Aber auch durchgehend durch viele der anderen Titel – „Electricityscape“, „Heart In A Cage“ und „Razor Blade“ vorneweg – schafft das Album den bizarren Spagat, gleichzeitig in den Melodien poppiger und melodiöser zu werden – und in den Methoden und Themen der Texte sperriger. Und die schlechte Nachricht? Nun: Die Strokes sind immer noch da, zum Einen. Die Option, durch zwei Alben und eine schnelle Auslösung zu ewigem Legendenstatus zu kommen, ist definitiv verspielt. Und zum Anderen: The Strokes sind nicht mehr die wirren und wilden Schlackse aus dem Jahre 2001. Wer irgendetwas in dieser Art erwartet hatte, sollte sich das neue Album besser gar nicht erst anhören. Aber es ja mehr als genug Alternativen, die im Fahrwasser der Strokes zu Erfolgen kamen. Und zum Dritten: „First Impressions Of Earth“ ist ein Funktionsalbum. Man hört doch deutlich, dass hier eine Band, beinahe um jeden Preis, aus ihrer selbst gezimmerten Schublade ausbrechen möchte. An Möglichkeiten und an Relevanz gewinnen will. Das geht oft genug schief. In diesem Fall aber muss der alte Marx herhalten: Die Strokes hatten wenig zu verlieren, viel zu gewinnen. Das hat, so weit, tatsächlich gut geklappt. Rock-Addicts aller Länder: Einigt euch auf dieses Album.