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Remmidemmi mit den Raconteurs, Phoenix, Kimya Dawson und noch mehr

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Deichkind – Aufstand im Schlaraffenland (Universal) „Yippie Yippie Yeah, Yippie Yeah, Krawall und Remmidemmi... Privat bei reichen Eltern, was kann es Schöneres geben?“ Ich kann mir zwar doch noch Schöneres vorstellen, aber bei dem Partyremmidemmihoolelektro-Sound von Deichkind juckt das Tanzbein jedenfalls wie Bolle. Und von Remmidemmitum, Gasgeben und „auf die Kacke hauen“ gibt es hierzulande eh gerade viel zu wenig, kommt mir jedenfalls so vor. Statt nach der PeterLicht-Parole „Wer saufen kann, kann auch ausschlafen“ zu leben, dominiert mittlerweile ein protestantischer Arbeitsethikwahn das Leben. Vor lauter „Wir müssen wieder nach oben kommen“-Gerede und individuellen Zukunftsängsten, vergessen wir, dass es außer Arbeit, Vorankommen und Leistungsbringen auch noch etwas anderes gibt: leben nämlich und Spaß haben am Leben. „Ich will nicht mehr, das macht mich krank“, singen sie denn auch gleich im nächsten Song, dem Titelsong der Platte. Deichkind goes Gesellschaftskritik, aber mit reichlich Humor. Wer gedacht hat, Deichkind würden mit der Single „Remmidemmi“ wieder ein bisschen zurück zu ihren Deutsch-Hiphop-Wurzeln rudern – nichts da, nada, niente. Statt dessen „Tanzmusik der besonderen Art“ mit brausenden Synthesizern und Bleifuß-Beats. Dazwischen zirpen schon mal ein paar Grillen, es tauchen Kwaito-Anleihen auf (südafrikanische Dancemusik, die Hiphop und Elektro mischt), der Stakkato-Polit-Sprechgesang der Goldenen Zitronen lässt grüßen, das Lispeln der Puppetmastaz auch, und bei „Ich betäube mich“ wird tief in die NDW-Kiste gegriffen. Ich werde jedenfalls keine Träne wegen der alten Deutsch-Hiphop-Zeiten vergießen, sondern versuchen, mehr Remmidemmi zu machen. Hier kann man Videos zum Thema Remmidemmi hochladen und anschauen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

The Raconteurs – Broken Boy Soldiers (XL Recordings) Yeah, eine neue Supergroup! So werden einem die Raconteurs jedenfalls angepriesen, auch wenn sich die Macher selbst gegen diese Bezeichnung wehren. Aber das Label „All-Star-Projekt“ oder „Supergroup“, das muss man zugeben, hört sich sehr verführerisch an, verspricht es doch immer das Beste von mehreren Combos in einer einzigen zu vereinen. Vor allem, bei denen Namen, die hier zusammenkommen: Die Raconteurs bestehen zu 50 Prozent aus Jack White und zu 50 Prozent aus seinem Detroiter Singer-und Songwriter-Kollegen und langjährigen Freund Brendan Benson, ohne den Bassist und den Schlagzeuger der Band The Greenhorns unterschlagen zu wollen, aber natürlich interessieren sich alle nur für die beiden unterschiedlichen Indie-Ikonen. Benson gilt als Meister der lieblichen Musik und ist dafür bekannt, Harmonien à la Beatles mit den Melodien von Indie-Helden à la Pavement zu verschmelzen. Jack White dagegen liebt den Blues, die Orgel, den Garage-Rock, den Bruch, den Abgrund, den Wahnsinn. Und wie geht das jetzt zusammen? Eigentlich gar nicht, denn im Grunde hat jeder der beiden Herren seinen eigenen Sound auf die Platte gepackt. Außer in der Single “Steady, as she goes“, in der sich die Merkmale beider Musiker in einem großartigen Ohrwurm vereinigen, bleibt sie sehr bei sich und ihrem Sound treu. In voller Album-Länge geht aber gerade diese Trennung großartig zusammen: Der White’sche Classic-Rock-Blues-Orgel-Wahnsinn wird von Brendan Bensons ruhigen Sixties-Pop-Melodien abgefedert, die Benson’sche Lieblichkeit erhält durch die Prise Jack-White-Dreckigkeit eine ganz andere Dringlichkeit. Das Label „Supergroup“ verspricht also nicht zu viel: die Raconteurs sind einfach super.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Phoenix – It’s Never Been Like That (Virgin) So war’s noch nie? Stimmt. Eine Melodie poppiger als die nächste - die Strokes lassen erstaunlich oft grüßen - jagt durch das neue Œvre der Franzosen Phoenix und verbreitet extrem gute Laune an diesem warmen Vorsommer-Tag. Von der einstigen verschwurbelten Mixtur aus Eighties-Kitsch, Disco-House, Funk, Gitarrenrockbrettern und Indiepop-Abfahrten ist allerdings nicht mehr viel übrig. Manch einem alten Fan wird das vielleicht nicht gefallen, aber Phoenix wollten, wie sie selber sagen, noch einmal von vorne anfangen. Dafür haben sie sich nach Ost-Berlin in das Planet Roc Studio zurückgezogen, um „die Energie einer der letzten wahrhaften Hochburgen der Bohème in Europa zu bündeln“. Rausgekommen ist dabei sonniger, netter Gitarrenpop – mal etwas ruhiger wie in „One Time Too Many“, mal mit dezentem Keyboard-Einsatz wie bei „Long Distance Call“, das zumindest ein bisschen an die „alten“ Phoenix erinnert, und mal mit vielen Strokes-Gitarren im Schlepptau wie bei „Courtsey Laughs“, wo am Ende sogar ein klitzekleines Solo aufblitzt, aber gleich wieder vorbei ist. Eine Platte, die prima Laune macht, wenn man auf dem Weg zum Baggersee oder zur Landpartie ist und sich wie Zuckerguss über das eigene Leben legt. Hier geht's zum Phoenix-Webwheel, wo du dir die Platte anhören kannst.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Kimya Dawson – Remember That I Love You (Cargo) Lo-Fi-Hymnen, das ist es, was Kimya Dawson in unermüdlichen Homerecording-Sessions bei sich und bei Freunden immer wieder hervorzaubert. Mit „Remember That I Love You“ nun schon zum fünften Mal. Meist geht es darin um die Suche nach der richtigen Beziehung und nach der unerreichbaren Liebe, gepaart mit einer kindlichen Unschuld in Stimme, Melodie und Gitarrengeklampfe. Auch auf dem Nachfolger des gefeierten Albums „Hidden Vagenda“ spart sie daran nicht. Kleine Lieder, aufgenommen mit Freunden, die im Hintergrund gerne mal mitsingen oder –pfeifen und das Xylophon spielen, wahrscheinlich alles bei Kaffe und Kuchen, ganz heimelig und gemütlich. Uneitel und unprätentiös hört sich das an, aber mit herzerweichenden und Tränen in die Augen treibenden Melodien. Ich bin ja schon immer Fan dieser Lo-Fi-Schrabbel-Nummern und kann es mir auch in der Millionsten Ausformung noch hingebungsvoll anhören. Ich kann aber auch verstehen, wenn böse Zungen sagen, dass ihnen diese Niedlichkeit und dieses Kindchenschema auf die Kette gehen und dass die Beiläufigkeit, mit der die Musik daher kommt, doch auch nur eine ausgeklügelte Masche ist. Neu ist die Dawson’sche Sicht auf die Welt und ihre Art, sie uns zu präsentieren, nun auch wirklich nicht. Aber immer wieder schön halt doch. Bela B – Bingo (BPX1992) Es beginnt mit einer B-Vertüre, das erste Soloalbum des Schlagzeuger, Sängers und Songwriters der Ärzte. Man mag es kaum glauben, aber Bela B. hat wirklich bisher noch kein Solo-Album rausgebracht. Er hat einfach keine Zeit dafür gehabt. Denn neben den Ärzten, hat er kräftig geschauspielert, Hörbücher aufgenommen, macht einen Comicverlag und jede Menge Filmmusik. Und jetzt: Bela goes Operette. Das kündigt jedenfalls die B-Vertüre an. Und das zieht sich auch durch die anderen Liedern auf „Bingo“, gemischt alledings mit sehr viel Sixties-Sound. Aber nicht der Beatles-Sixties-Sound, den auch Oasis oder die Raconteurs verwenden, sondern Sound, wie er von Sängern wie Tom Jones gemacht wurde, die eigentlich eher Entertainer waren und diesen Las Vegas-Exotik-Glam verbreitet haben. Mit dabei übrigens auch ein sehr hörenswertes Duett mit Altmeister Lee Hazelwood und eines mit Charlotte Roche, deren Sendung „Fast Forward“ er einst als Schwangerschaftsvertretung moderiert hat. Neoangin – Scratchbook (Lieblingslied) Jim Avignon macht nicht nur großartigen Elektropop, sondern er ist auch Maler, Illustrator und Konzeptkünstler und nach eigenen Worten „der schnellste Maler der Welt“. Und dieses Album - es ist sein achtes, wurde in New York aufgenommen, mit keinem Song länger als eine Minute und extrem vielen unterschiedlichen Stilen, so dass einem nie langweilig wird - muss man sich allein schon wegen des unglaublichen Booklets kaufen: es ist extrem liebevoll gestaltet ist und unzählige Zeichnungen von Jim Avignon. Ein kleines mehrdimensionales Kunstwerk aus Bild und Ton, wo gibt es das schon! Diverse - Spain Is Diefferent, Volume 2 (Hi Top) Mit dem Slogan “Spain Is Different” locket Spanien einst sonnenhungrige Touris ins Land. Doch Strand, Stierkampf und Ballermann-Mallorca ist nicht alles, was das Land zu bieten hat. In Barcelona zum Beispiel ist in den letzten Jahren eine der lebendigsten Musikszenen entstanden. HiTop ist nun ein Indie-Label aus Madrid, das mit diesem Sampler seine Künstler präsentiert. Das Spektrum reicht von Elektro bis Funk, Soul, Reggae, Flamenco, Jazz, Latin und Afrobeat. Außerdem erscheinen diese Woche: Radio 4 – Enemies Like This (Labels) Diverse – New British Invasion (FST) Endearment – Solarplexus ((Renkontre) Pat Silva – A Long Time Ago (Wemby) Ricky Warwick – Love many Trust Few (Sleazy Rider) Jeff Cascaro – Soul Of A Singer (Herzog) Rob Zombie – Educated Horses (Geffen)

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