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Obszön - Ostdeutsche Raketenbasis geilt zu Tränengas und Umbraschlamm ab!

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Egoexpress lassen Splumen brechen (Foto: Ladomat3000) Egoexpress – Hot Wire My Heart (Ladomat2000) Doc Schoko – Große Straße (Louisville Records) Cursive – The Difference Between Houses And Homes (Saddle Creek) Death Cab For Cutie – The Photo Album / We Have The Facts and We’re Voting Yes / Something About Airplanes / You Can Play These Songs With These Chords (alle Barsuk / Indigo) Kollegin von Lowtzow hat sich letzte Woche ja einen sauberen Spaß gemacht: Erst mäkeln, wie wenig gute CDs vorlägen – und dann doch einen Knaller nach dem anderen raussprenkeln. Klarer Fall von Jammern auf ganz, ganz hohem Niveau. Deshalb soll dieses Mal kein Laut des Wehklagens über meine Lippen kommen, statt dessen wird topseriös das gegessen, was in die CD-Schublade kommt. Und das schmeckt ja zunächst mal gar nicht schlecht. Egoexpress, jene beiden lässigen Hamburger Lustknaben, die uns grobschlächtigen Indie-Behäbos vor Jahren beibrachten, dass man Filter nicht nur in Joints rein-, sondern auch in Tracks auf- und zudrehen kann. Nach langer Pause endlich ein neues Album. Geil. Aber wir verzeihen den Wartesaal schnell, denn Monsieur Mense war ja mit Stella und den Zitronen umtriebig – und gemeinsam mit Express-Partner Jimi noch dazu viel in der echten Raveszene unterwegs. Also da, wo Leute drei Tage lang auf ehemaligen Raketenbasen in Ostdeutschland Pillen klinken und Stachelrucksäcke tragen. Keine Scheuklappen – und immerhin sind das Leute, die Electroclash schon ein halbes Jahrzehnt vor Erfindung des Begriffs gemacht haben. Das neue Album „Hot Wire My Heart“ ist unterm Strich schon mehr House als alles andere, aber eben ohne den slicken Scheiß, den Gute-Laune-Zwang, die Sonnenbrillen im Haar – alles, was eben so oft dabei nervt. Haltungsstrotzend auch das nächste Album: „Große Straße” von Doc Schoko. Muss man jetzt nicht gutfinden, den Namen – sollte man aber auch nicht gleich deswegen in den Papierkorb werfen. Denn was hier geboten wird, ist klanglich rückwärts gewandt (irgendwo zwischen Ratinger-Hof-Frühpunk und Bluesrock), inhaltlich aber auf den zeitlich aktuellen Punkt gebracht. Lieder wie „Das Formular“, „Dritter Polizist“ oder „Rauflaus“ berichten von einem Deutschland der Sicherheitsdienste, der Behördenschikanen und der Demütigungen. Man schmeckt Straße, billigen Schnaps und Tränengas in den Texten während bei der musikalischen Untermalung S.Y.P.H. und Fehlfarben mit den White Stripes poussieren. Die Berliner Antwort auf Oma Hans. Wobei – kommt Doc Schoko überhaupt aus Berlin? Oder doch aus Düsseldorf? Die Saddle-Creek-Veteranen von Cursive veröffentlichen auf „The Difference Between Houses and Homes“ altes Vinylmaterial von 1995-2001. Und während die ruhigen, langen Instrumentalsachen (z.B. bei „Polar“) meiner Meinung nach sehr entbehrlich sind, gehen die flotteren Stücke rein wie Affenmus. Bei Screamo-Tracks wie „Dispenser“ sieht man mich mit dem umbrafarbenen Schlamm meiner Haldern-Pop-Schuhe sogar Demonstrationsplakate malen, auf denen eine sofortige Umbenennung dieser Kolumne in „Reingehört und abgegeilt“ gefordert wird. Ist ja eh Wahlkampf, warum also nicht mal was Vernünftiges durchdrücken? Zuletzt noch die frohe Kunde, dass das komplette Frühwerk von Death Can For Cutie nun auch in Deutschland veröffentlicht wird. Vier Alben, fast alle zum komfortablen „Die steck ich doch gleich noch mit ein“-Midprice. Der eine kennt Death Cab aus der Topsnob-Serie „The O.C.“, wo sie als Poster bei Protagonist Seth Green über dem Emobett hängen. Der andere hat das letzte Album „Transatlanticism“ blind gekauft, ganz allein weil es bei den Hamburger Label-Gonzos vom Grand Hotel Van Cleef in Lizenz erschien. Beides legitime Ansätze. Wer tiefer schürfen will, hat jetzt mit den ausufernd benannten Werken „The Photo Album“, „We Have the Facts and We’re Voting Yes“, "Something About Airplanes“ und „You Can Play These Songs with These Chords“ die ausgezeichnete Gelegenheit. Außerdem erscheinen diese Woche: Joyce Hotel – dto. (Make My Day) Wer auf Bands wie Radiohead oder dEUS oder andere Nervmucker steht, hat zwar meiner Meinung nach einen sauberen Dachschaden – aber sicherlich Freude an diesem Album. Heather Nova – Redbird (Sony BMG) Bitte folgen Sie mir nun in den nächsten Ausstellungsraum ... Hier haben wir ein Werk aus dem Jahre 2005 konserviert, das unter Experten als „die langweiligste Musik der Weltgeschichte“ gehandelt wird. Lassen sie es nur ein bisschen wirken ... Nun bitte weiter hier entlang ... V.A. - Rap City Berlin (Mantikor/LaSan) Sozialarbeiter, Zuhälter, Satanisten, Pornoregisseure und Sido haben sich selbst gekrönt: Berlin ist „Rap City“. Auf der gleichnamigen DVD haben 150 Künstler von 40 Berliner HipHop-Labels Gelegenheit, sich und die Musik vorzustellen. Unkommentiert, unzensiert. Das ist manchmal interessant, oft aber nur lustig. Jetzt kommt der Sampler zur DVD – mit 42 Tracks. Zwei Dinge werden klar: Berliner Rap heißt nicht nur Aggro und Savas und – ja, man muss es zugeben – Berlin ist Raphauptstadt. (hannes-kerber) Al Kooper – Black Coffee (Favored Nations / Rough Trade) El*ke - Wilder Westen (it.sounds / Sony BMG) OST – Charlie und die Schokoladenfabrik (Warner) Staind - Chapter V (Elektra / Warner) Tone - Zukunftsmusik (BATB / Sony BMG)

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