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Aber bitte mit Gefühl: Justine Electra und The Feeling
Justine Electra – Soft Rock (City Slang) Was für ein bescheuerter Name, war das erste, was mir durch den Kopf ging, als ich die Platte ausgepackt habe. Aber die Dame heißt wirklich so. Genauer gesagt: Justine Carla Electra Beatty. Und ich bin heilfroh, dass ich diese Platte nicht nur ausgepackt, sondern auch angehört habe. Sie ist nämlich wundervoll, seltsam und ganz besonders bezaubernd. Justine Electra wurde in Melbourne geboren, hat in einem Hippie-Kaff zeitgenössische Musik studiert, machte sich in Berlin, wo sie mittlerweile lebt, zunächst als Technohouse-DJ einen Namen und begann als Gastsängerin im Umfeld des Sonarkollektivs aufzutauchen. Durch einen glücklichen Zufall gelangte ihre Demo-CD zu Cristof Ellinghaus vom Label City Slang, das uns nun mit diesem wunderbaren Debüt beglückt. „Soft Rock“ ist eine ganz eigenwillige Mischung aus Folk, Electro, Indie, TripHop, Blues und R’n’B mit schrägen, völlig unrhythmischen Samples, Radioknistern und andern kruden Geräuschen. In Kombination mit ihrer zurückgenommenen, warmen, unter die Haut gehenden Stimme ergibt all dies –auch wenn man es sich jetzt vielleicht nur schwer vorstellen kann –wirklich atemberaubende, intensive und sehr harmonische Songs, ja sogar Hits. Man höre sich nur den Song „President“ oder den Opener „Fancy Robots“ an. Hier kannst du in “Soft Rock” reinhören.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
The Feeling – Twelve Stops And Home (Universal) Fünf Mittzwanziger aus Sussex und London sind ausgezogen, um den Pop wiederzubeleben. So richtigen, großen, ernst gemeinten Riesen-Refrain- und Riesen-Hook-Pop. Das ist schön. Aber lange nicht so schön wie etwa der ebenfalls große, ernst gemeinte, glasklare Pop, den die Landsleute von St. Etienne machen. Ganz einfach deshalb, weil die Jungs von The Feeling in manchen Songs wie etwa bei „Never Be Lonely“ oder „Kettles On“ zu tief in die Schnulzen-James-Blunt-Kiste gegriffen haben. Und weil sich die zwölf Songs gar nicht so übertrieben anhören wie etwa die von The Darkness , zu denen schon die ersten Vergleiche gezogen werden. Und nicht so modern wie St. Etienne. Eher einfach nach Pop-Rock mit Gefühl, also nach Soft Rock, und das mit jeder Menge Achtziger-Anleihen. Beim Hören fällt einem sofort die schöne Tilman Rossmy-Textzeile ein, die er in dem Lied "1975" sang: „Und du liest, wie alles anfing, und du flirtest mit Heroin und du hörst diese geile neue Band - Supertramp!“ Auf diese, genauso wie auf Fleetwood Mac und Queen, berufen sich The Feeling auch gerne. Peinlich ist dieser Band, die als Cover-Band bei Après-Ski-Partys in den Alpen ihre Karriere begann, wirklich gar nichts: „Alles ist erlaubt. Alles darf man mögen“, sagt Bassist Richard Jones. Sogar Mitklatschen ist erwünscht, wie sie auch im Interview mit jetzt.de betonen. Dabei schrammen The Feeling manchmal haarscharf an der Schmerzgrenze entlang – sie selber sagen: „Man sollte keine Angst vor cheesy Einlagen haben.“ Das macht die Jungs denn aber auch sehr sympathisch, weil es endlich mal nicht um den ganzen Coolness- und Wir-sind-ja-so-Indie-und-authentisch-Quatsch geht. The Feeling sind Pop und stolz darauf. Und auf Songs wie „ I Want You“, „I Fill My World“ oder „Anyone” kann man auch stolz sein. Das ist großer Riesen-Refrain-Pop. Hier könnt ihr „Twelve Stops And Home“ anhören.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Primal Scream – Riot City Blues (SonyBMG) “Louder than Liam, darker than Doherty”, das titelte der NME anlässlich des neunten Studioalbums der britischen Rave-Legende Primal Scream. Ich wusste ehrlich gesagt gar nicht, dass es die Band noch gibt. Das Letzte, was ich gehört hatte, war ein allerdings sehr großartiges Duett von Bobby Gillespie mit Kate Moss: „Some Velvet Morning“. Von der Ursprungsbesetzung ist auch nur noch Sänger Bobby und Gitarrist Robert Young übrig. Jetzt also: „Riot City Blues“. Beim Opener “Country Girl” denkt man schon, huch, seit wann mögen’s die denn so rockig? Also so richtig auf die zwölf, meine ich. Kein so Elektro-Punk-Noiserock. Die Tanzbeats, elektronischen Einflüsse und experimentellen Ambitionen sind verschwunden, statt dessen lassen sie die 60er-Jahre-Ära aufleben mit Neil-Young-, Stones- und The Doors-Referenzen und donnern geradezu aus den Lautsprechern, im von Mandolinen getriebenen Opener „Country Girl“ etwa oder dem Rock’n’Roll-Song „The 99th Floor“. Ich muss ja gestehen, dass ich kein so großer Fan des Rock bin, aber diese zehn Songs, die innerhalb von nur zehn Tagen live in den Londoner "Olympic Studios" entstanden sind, verbreiten teilweise schon eine unwiderstehliche Dosis Adrenalin. Mir persönlich gefällt allerdings die ruhige Mundharmonika-Nummer mit Frauen-Chor im Hintergrund am Schluss am besten. Aber ich bin ja auch ein Rock-Banause.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
The Others aka 22PP – Monochromeset (Bone Voyage) Hinter The Others aka 22PP verbergen sich keine Geringeren als die finnischen Kultrocker von 22-Pistepirkko. Beziehungsweise ihr Garage Rock Alter Ego: denn auf „Monochromeset“ sind Cover-Versionen ihrer Helden wie The Kinks, The Troggs, Velvet Underground, Buddy Holly oder Hank Williams versammelt. Das Ganze hört sich ziemlich wild und ungeschliffen und nach alten Instrumenten an - nach Garage halt. Genau das stört auf Dauer auch etwas, denn besonders vielfältig ist „Monochromeset“ nicht. Am besten gefallen mir ihre Version des Kinks-Klassikers „This Strange Effect“ und „Well ... all right“, ursprünglich von Buddy Holly. Außerdem sind diese Woche erschienen: Die Goldenen Zitronen – Lenin (Buback) Deladap – Dela Paji (Chat Chapeau) Nitzer Ebb – Body Of Work (Mute) Parachutes – And I Won’t Stop Until You’ve Lost Everything You Ever Loved (Lockjaw) The Bouncing Souls – Gold Record (Epitah) V.A. – Unsound Vol. 1 (Formerly Known As Punk-O-Rama) (Epitah) Tchi - Stehen Stolpern (Siluh) Mariannenplatz – Besser Als (Four Music)