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Zwei Klicks zur Wunsch-WG
Umziehen ist toll. Umziehen bedeutet: Eine neue Umgebung, neue Mitbewohner und Nachbarn, ein neues Viertel, das man in nächtlichen Spaziergängen erkunden kann. Vielleicht sogar eine neue Stadt, in der es noch viel mehr zu entdecken gibt. Ich mag Umzüge, weil ich Veränderung mag. Nur muss man zum Umziehen erstmal eine Wohnung suchen, und das mag ich nicht so gerne. In großen und beliebten Städten wie München oder Berlin schreibt man oft mehrere Dutzend Anfragen, bis man eine Bleibe gefunden hat, die einem gefällt und in die man auch einziehen darf. Vor jedem Umzug stehen viele Stunden, die man auf den Seiten der einschlägigen Vermittlungsportale verbringt.
Zwei Informatiker aus Passau wollen dieses Prozedere einfacher und angenehmer machen. Andreas Donig und Manuel Koch haben ein neuartiges Wohnungsportal entwickelt. Das Besondere an der Wohnraumkarte ist, dass die verfügbaren Angebote nicht in einer Liste, sondern direkt auf einer Karte angezeigt werden. “Die bestehenden Seiten sind benutzerunfreundlich und überladen mit Features”, sagt Manuel. “Wir wollen den Workflow der Wohnungssuche erleichtern.” Im Gegensatz zu anderen Seiten müsse man bei der Wohnraumkarte nicht zuerst eine umfangreiche Filtermaske ausfüllen, sondern könne direkt loslegen. “Meistens muss man ja erstmal aus einer langen Liste die gewünschten Stadtteile auswählen. Wenn man neu in eine Stadt zieht, sagen einem die Namen der Viertel aber überhaupt nichts”, sagt Manuel. Eine Karte sei da viel praktischer.
Blaue und orangene Symbole über deutschen Großstädten stehen für freie Wohnungen
Beim Öffnen der Seite erscheint ein Google-Maps-Ausschnitt; über deutschen und österreichischen Großstädten sind blaue und orange Symbole angebracht, die jeweils mit einer Zahl versehen sind. Die Zahl steht für die Anzahl der in dieser Stadt verfügbaren WG-Zimmer, Wohnungen und Häuser. Klickt man auf eines der Symbole, wird auf den jeweiligen Stadtplan gezoomt, dort ist die genaue Lage der freien Mietobjekte eingezeichnet. Über eine Seitenleiste lässt sich das Ergebnis nach Preis, Größe und Einzugsdatum filtern. Die Anzeige wird sofort aktualisiert, ohne dass die Seite neu geladen werden muss. Überhaupt ist die Bedienung der Wohnraumkarte intuitiv und flüssig. Im schnellsten Fall braucht man von der Startseite aus zwei Klicks, um ein Angebot zu öffnen.
Inspiriert wurden Andreas und Manuel von der Seite represent.la, welche die Start-Up-Szene von Los Angeles auf einer Karte darstellt. Sie hatten die Idee, etwas Ähnliches für Zimmer und Wohnungen zu bauen. Einen Tag später war ein erster Prototyp programmiert. Für die Entwicklung haben Andreas und Manuel nur ein paar Wochen gebraucht, trotz erschwerter Bedingungen: Wegen des Hochwassers in Passau hatten sie in ihrer WG für eineinhalb Monate kein Internet. In dieser Zeit haben sie in verschiedenen Räumen an der Uni gearbeitet.
Die Gründer der "Wohnraumkarte", Andreas Doning (links) und Manuel Koch
Sowohl für Wohnungssuchende als auch für private Inserenten ist das Portal kostenlos und soll es auch bleiben. Ihr Geld wollen Koch und Donig über zwei Wege verdienen: Zum einen sollen professionelle Makler, die viele Objekte einstellen, dafür eine Gebühr bezahlen. Zum anderen können Geschäfte und Restaurants Werbung auf der Seite schalten - angepasst an das Stadtviertel, in dem sich der User umsieht. Die Werbung werde sich allerdings mit einem Klick ausblenden lassen, verspricht Manuel.
Die Idee der Wohnraumkarte ist so einfach und überzeugend, dass man sich fragt, warum vor Andreas und Manuel kein anderer darauf gekommen ist. Aber für den Nutzer macht so ein Portal nur Sinn, wenn genügend Angebote eingestellt sind. Beim Schreiben dieses Textes waren auf der Wohnungskarte beispielsweise in München 13 Inserate geschaltet, davon zehn WG-Zimmer und drei Wohnungen. Beim Konkurrenten wg-gesucht.de waren zum gleichen Zeitpunkt über 9000 Zimmer in der bayerischen Hauptstadt verfügbar. Die nächsten Monate werden die Passauer darum hauptsächlich mit Marketing beschäftigt sein, um ihre Seite bekannt zu machen. Die Beiden überlegen, ein Urlaubssemester einzulegen, um sich voll auf ihr Projekt konzentrieren zu können.
Text: christian-endt - Fotos: Screenshot (wohnraumkarte.de); privat