Und das liegt selbstverständlich überhaupt nicht an Britney Spears, sondern an den Produzenten, die ihr die Songs geliefert haben. Der vielleicht beste (weil Ohrwurmig-geniale) Song der Platte ist „Radar“, ein Midtempo-Dancefloor-Kracher, in dem es, wie bei fast allen anderen Songs auf dem Album auch, um S-E-X geht. Ein Minimal-Sample, das an Soft Cells Version von „Tainted Love“ erinnert, läutet diesen Disco-Hammelsprung ein und dann geht es einfach immer so weiter, bis man auf dem Stuhl tanzt, die Hände zum Himmel hebt und dem Sitznachbarn aus Versehen ein unsittliches Angebot macht. Der Song stammt, wie auch „Piece of Me“, „Freakshow“ und „Toy Soldier“, vom schwedischen Produzenten-Duo „Bloodshy and Avant“, die auch schon auf Britneys letzter Platte den Hammer-Hit „Toxic“ geschrieben hatten.
Weitere Mitarbeiter in dieser Leistungs-Schau dessen, was gerade für sehr viel Geld von den Lohnschreibern auf der ganzen Welt zu haben ist: Timabalands Protege Nate „Danja“ Hills, der insgesamt fünf Songs beigesteuert hat: Die etwas lahme Single-Auskoppelung „Gimme More“, die auf ewig im Hirn mit Britneys peinlichem Auftritt auf den VMAs verkoppelt ist, „Break The Ice“, „Get Naked (I Got a Plan)“, „Perfect Lover“. Pharrell Williams ist Autor des eher lahmen Songs “Why Should I Be Sad“, der vermutlich deshalb so abschwächelt, weil Pharrell als Einziger versucht hat, Britneys momentane Situation musikalisch zu verarbeiten.
Aber genau das kann sie ja nicht: Reflektieren oder sich in und durch ihre Musik auszudrücken. Sie ist vielmehr die perfekte leere Leinwand, auf die jeder projizieren kann, was er so möchte.
Und deshalb kommt man am Ende aus diesem Produktions-Wahnsinn auch mit der Erkenntnis heraus, dass die Zutat „Britney“ bei diesem Album das Allerunwichtigste ist. Jedes Pop-Püppchen hätte diesen Songs ihre Stimme leihen können und jedes Pop-Püppchen würde mit diesen Songs Erfolg haben. Und deshalb ist „Blackout“ auch eine der interessantesten Platten der Saison, weil auf ihr (und das in Zeiten des Singer-Songwriter-Hypes) überdeutlich zu sehen ist, was Pop schon immer bedeutet hat: „It’s the Song, not the singer“.
Hier kannst du dir das Album im Stream anhören.