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Wie mache ich ein Freiwilliges Soziales Jahr?

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"Weißt du schon, was du nach der Schule machen willst?" Auf diese Frage kann nicht jeder besonnen und ohne Kloß im Hals "Jura", "Krankenschwester" oder "Verlagskaufmann" antworten, weil nicht jeder nach dem Abschluss ein klares Bild davon hat, wo er sich in zwei oder zehn Jahren sieht. Auch hat nicht jeder Lust, seine Nase nach den Prüfungen sofort wieder in ein Buch zu stecken oder ohne Verschnaufpause in den Erwachsenenmodus umzuschalten. Wer sich nach der Schulzeit gerne für das Gemeinwohl engagieren möchte, für den kann das Freiwillige Soziale Jahr, kurz: FSJ, eine gute Antwort auf die "Was nun?"-Frage sein.

Das FSJ ist ein Bildungs- und Orientierungsjahr, das jeder absolvieren kann, der die Schulpflicht vollendet hat und nicht älter als 27 ist. "Es bietet tatsächlich eine sehr gute Möglichkeit, nach der Schule etwas Sinnvolles zu tun", sagt Kristin Napieralla, die als Referentin für Freiwilligendienste beim Paritätischen Gesamtverband arbeitet. In dem Jahr hat man außerdem Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was man eigentlich will. Das FSJ kann als Praxistest für den angepeilten Berufszweig dienen oder auch zu Alternativen inspirieren. Ein FSJ ist in vielen verschiedenen Bereichen möglich: in der Kinderbetreuung, in der Altenpflege, beim Rettungsdienst, am Theater, im Museum oder im Sportverein, um nur einige der Einsatzfelder zu nennen. Das geht in Deutschland, aber auch im Ausland.

In der Regel dauert ein FSJ zwölf Monate und ist als Vollzeitdienst angelegt, mit 39 Wochenstunden. Meist beginnt es am 1. September und endet am 31. August des nächsten Jahres. In Einzelfällen kann ein FSJ aber auch eine Dauer zwischen sechs Monaten und zwei Jahren haben, je nach pädagogischem Konzept des Trägers. In dieser Zeit kriegt man ein monatliches Taschengeld, dessen Höhe unter anderem davon abhängt, ob einem Unterkunft und Verpflegung gestellt werden. Wer jünger als 25 ist, bekommt zudem Kindergeld. Jeder FSJler ist gesetzlich sozialversichert.

Um an einen FSJ-Platz zu kommen, muss man eine Bewerbung schreiben. Einige Träger bieten Formulare auf ihren Webseiten an. Ansonsten ist eine klassische Bewerbung mit Lebenslauf, Foto, Angabe spezieller Kenntnisse und der Beweggründe für das FSJ erforderlich. Es gibt keine zentrale Vergabestelle für die Plätze. Die Bewerbung wird direkt an den paritätischen Träger gesendet – etwa den nordrhein-westfälischen oder den bayerischen Landesverband. "Bewerbungen sollten möglichst frühzeitig beim Träger eingehen", rät Napieralla. "So ist die Chance am größten, dass der Wunschplatz noch nicht vergeben ist." Die Träger vermitteln dann den Freiwilligen an eine Einrichtung weiter.

Es ist außerdem Aufgabe der Träger, sicherzugehen, dass gewisse Qualitätsstandards in den Einsatzstellen eingehalten werden. "Hierzu gehört zum Beispiel, dass der FSJler eine konkrete Betreuungsperson hat und dass die Aufgaben des Freiwilligen nur zusätzliche Aufgaben sind, also kein reguläres Beschäftigungsverhältnis ersetzen." Sind diese Punkte nicht erfüllt oder fühlt sich jemand vor Ort nicht wohl, empfiehlt Napieralla, an den Träger heranzutreten, damit der vermitteln kann. Wer ein FSJ macht, bekommt außerdem die sogenannte "pädagogische Begleitung". Das klingt ein bisschen sperrig, bedeutet aber einfach, dass im FSJ auch etwas gelernt werden soll. Kristin Napieralla fasst das so zusammen: "Ein FSJler lernt sowohl während seines Einsatzes in der Einsatzstelle, als auch bei den verbindlichen Seminaren." Die Seminare befassen sich zum Beispiel mit konkreten Arbeitsmethoden für den jeweiligen Bereich oder dienen der Diskussion über die im FSJ gesammelten Eindrücke. Bei einem FSJ, das ein Jahr dauert, muss man an mindestens 25 Seminartagen teilnehmen, die meist in Blöcken stattfinden. Nach dem FSJ gibt es ein Arbeitszeugnis, in dem steht, was in der Zeit alles gemacht und gelernt wurde.

Das FSJ ist nicht der einzige Freiwilligendienst in Deutschland. Wer sich zum Beispiel im Tierschutz oder auf einem Bauernhof engagieren möchte, kann ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) machen. Außerdem gibt es noch den Bundesfreiwilligendienst (BFD), der dem FSJ stark ähnelt. "Ein Unterschied zwischen dem FSJ und dem BFD liegt in der Zielgruppe", so Kristin Napieralla. "Den BFD kann man auch noch mit über 27 Jahren machen." Wer älter als 27 ist und keinen Vollzeitdienst leisten kann, hat die Möglichkeit, sich in Teilzeit im BFD zu engagieren. Wer sich für das Gemeinwohl einsetzen will, muss also nicht zwingend frisch von der Schule kommen. Denn auch nach der Ausbildung zum Friseur, dem Bachelor in Anglistik oder dem Staatsexamen in Medizin ist die Frage nach dem "Was jetzt?" nicht immer klar zu beantworten.

Jurek Skrobala, 27, hat kein FSJ gemacht, würde aber gerne, wenn er noch einmal 19 sein könnte, in die Denkmalpflege.

Fünf Tipps für FSJ-Interessierte: 1. Ein FSJ ist ein guter Weg, um auszuloten, was man nach der Schule machen will. Wer noch keinen Plan hat, kann hier Einblicke in den angedachten Beruf gewinnen oder ganz neue Impulse bekommen.

2. Meistens dauert ein FSJ zwölf Monate, mit einer Arbeitszeit von 39 Wochenstunden. Während des FSJs nur auf der faulen Haut zu liegen, ist also nicht drin.

3. Für ein FSJ wird man vergütet. Die Vergütung heißt aber nicht umsonst "Taschengeld". Wer viel Geld vor Ausbildung bzw. Studium ansparen möchte, sollte sich anderweitig umschauen.

4. Um einen Wunschplatz zu ergattern, sollte man sich früh genug bewerben. Eine Bewerbung in der letzten Augustwoche kurz vor Beginn der meisten FSJ-Stellen ist zu vermeiden.

5. Wer älter als 27 ist und sich dem Freiwilligendienst nicht in Vollzeit widmen kann, hat die Möglichkeit, sich in Form des Bundesfreiwilligendienstes zu engagieren. 

Text: jurek-skrobala - Foto: dpa

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