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We Like Spike

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Spike Jonze inmitten der "Torrance Community Dance Group" im Video zu "Praise You". Foto: Palm Pictures Das Telefon klingelt, Spike Jonze ist dran. Er klingt müde. „Yeeeaah’malil groggy“ näselt er, gerade aufgestanden nach einer Nacht, in der er mit Michael Gondry (nach ihm der wohl zweitcoolste Musikvideoregisseur aller Zeiten) in einem Gothic Club getanzt hat. Spike Jonze, der aus einer schwerreichen Familie stammt, die ihr Vermögen mit Versandhauskatalogen gemacht hat, interessierte sich jedoch früh statt für Polo viel mehr für Skateboards und BMX-Fahrräder. Anfang der Neunziger gründete er mit Freunden das Magazin „Dirt“ sowie die Skatefirmen „Girl“ und „Chocolate“. Später lernte er die Beastie Boys kennen – angeblich, weil seine Schwester in derselben Fahrschule wie Adam Yauch war, aber das ist wie so viele Geschichten aus dem Jonze-Universum einfach nur Quatsch. Mit ihnen zusammen veröffentlichte er einige Ausgaben lang das spannende „Grand Royal“-Magazin und drehte für sie Videos wie „Sure Shot“ oder das großartige „Sabotage“. Er erinnert sich: „Eigentlich sollte es nur eine Fotostrecke werden, für die ich die Beastie Boys in Kostüme aus diesen Seventies-Krimiserien gesteckt hatte. Aber dann hatten wir so viel Spaß mit den Bärten und Perücken, dass wir auch gleich noch das Video daraus gemacht haben.“ Das Faszinierende an den Videos von Spike Jonze ist die Tatsache, dass man oft erst gar nicht merkt, dass etwas nicht stimmt. Ein Video, dass er für Notorious B.I.G. gedreht hat, beginnt wie ein ganz normaler angeberischer Hiphop-Clip: Eine Limousine fährt eine geharkte Kieseinfahrt entlang auf ein mondänes Anwesen zu, man erwartet das typische Blingbling-Szenario mit Pools, Schampus und Bikinimiezen. Das bekommt man auch zu sehen – mit dem Unterschied, dass alle Rollen (von Puffy über B.I.G. bis zu Busta Rhymes) von etwa 8-jährigen Kindern gespielt werden. Ein anderes Beispiel ist das berühmte „Drop“-Video: Spike Jonze ließ die Rapper von The Pharcyde den kompletten Text rückwärts lernen und filmte sie anschließend dabei, wie sie rückwärts rappend die Straße entlang liefen. Vorwärts abgespielt entsteht der Eindruck, die Mundbewegungen wären richtig, nur die Bewegungen verlehrt herum. Das berühmteste Jonze-Video neben „Sabotage“ ist jedoch zweifellos Fatboy Slims „Praise You“, in dem Jonze den leicht schrulligen Leiter einer fiktiven Torrance Community Dance Group spielt, die vor einem Kino eine Tanzperformance aufführen. „Weder die Leute in der Schlange noch der Manager, der rauskam und den Ghettoblaster mit der Musik abstellte, waren eingeweiht“, erzählt Jonze. „Aber das eigentliche Problem war, dass uns am Anfang überhaupt niemand beachtete. Wir haben mehrere Stellen abgeklappert und unsere Tänze aufgeführt, bis es überhaupt zu Reaktionen kam“. Schwindel, Tricks und Maskerade gehören nicht nur zur künstlerischen Arbeit von Spike Jonze, sondern auch zu seinem Leben. Während den Dreharbeiten zu seinem ersten Video „100%“ von Sonic Youth lernte er Sofia, die Tochter des berühmten Regisseurs Francis Ford Coppola, kennen. Nachdem sie jahrelang befreundet waren, fing Jonze an, ihr den Hof zu machen – auf seine Weise: Als er sie nach langer Abwesenheit am Flughafen von L.A. abholte, hatte er sich einen viel zu großen Anzug mit Polstern ausgestopft und sich Gesicht und Haare mit Vaseline eingerieben. Sofia erkannte zwar, wer sie da abholte, musste aber annehmen, dass sich ihr Freund in ihrer Abwesenheit in einen speckig glänzenden Fettsack verwandelt hatte. Die meisten Leute würden ihre Liebe wohl anders zeigen. „Es geht mir nicht darum, die Leute auf eine falsche Fährte zu führen oder zum Narren zu halten“, beteuert Jonze und fängt dann an zu kichern, „Na gut, vielleicht ein bisschen. Aber eigentlich ist es mir nur wichtig, für jedes Video – genauso wie für jeden Kinofilm – eine gute und einzigartige Idee zu haben. Wenn ich die nicht habe, mache ich es lieber gar nicht.“ Heute erscheinen die drei Werkschau-DVDs von Spike Jonze, Chris Cunningham und Michael Gondry bei Labels/EMI. Die DVDs kosten ca. 22 Euro und beinhalten außerdem Kurzfilme und Werbespots des jeweiligen Regisseurs, außerdem liegt jeder ein 52-seitiges Buch mit Fotos, Storyboards und Zeichnungen bei.

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