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Warum der Frühling doch nicht die richtige Jahreszeit zum Verlieben ist

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Im Sommer ist Urlaub, im Herbst ist Depression, im Winter ist Weihnachten. Und im Frühling ist Verlieben, so steht es in allen Kalendern. Dabei ist das totaler Quatsch, und zwar:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wegen des schlechten Timings Kinder die im Frühling gezeugt werden, kommen ja irgendwann um Weihnachten zur Welt. Und da hat man echt Besseres zu tun, als Gebären. Zum Beispiel Geschenkstress machen und falsche Heiterkeit verströmen. Wegen der ollen Plünnen Daheim liegt immer noch die muffige dicke Winterdaunendecke auf dem Bett (weil es ja noch mal kalt werden könnte). Man selber findet die urgemütlich, alle anderen, die sich vielleicht reinlegen sollen, finden sie ein bisschen stinkig. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Winterjacke, die man ja doch noch gelegentlich trägt. Wegen der Allergie Pollenalarm, Gräserwachstum, Birkenblüte – mit verquollenen Augen und Schnupfnase lässt sich nur schwer ein Frühlingsgedicht in das Angesicht des Geliebten sprechen. Wegen des improvisierten Outfits Frühling ist die Zeit der hektisch ausgezogenen Jacken und Pullover, da wird um den Bauch gebunden und über die Schultern gehängt, dass es ein Graus ist. Es werden Übergangsjacken bemüht, die eher Überhangsjacken sind und zwar aus Sympatex, da kommen ungebügelte T-Shirts zu ihrem unerwarteten „Ist doch schon so warm“-Einsatz und weil man sich noch keine neuen Sommerschuhe gekauft hat, nimmt man eben doch noch mal die ausgelatschten von letztem Jahr – die Mode ist einfach noch nicht in Hochform, das muss sich erst bis Juni einpendeln. Wegen des Sonnenbrandes Erste Sonne - ab in den Park und den Frauen beim Pullover-Ausziehen zuschauen. Sonnencreme hat man absichtlich nicht dabei, schließlich will man ganz schnell eine gesunde Farbe bekommen und die Sonnebrille liegt noch im Skirucksack - am Ende so eines Parkfrühlingstages hat man also einen Sonnenbrand und Bindehautentzündung und sagt den Frühlingssatz schlechthin: „Die Sonne hat doch schon ganz schön Kraft!“ Aber schön ist anders. Wegen gefährlicher Idylle Narzissen, Tulpen, Schneeglöckchen, Maiglöckchen, Forsythie – alles reizende Blumen und Blüten, die im Frühling blühen und die romantische Ader aufpeitschen. Aber: sind alle giftig und verursachen Ekzeme und Hustenreize, Erstickungen und erhöhte Brüchigkeit der Fingernägel. Will man das der Liebsten antun? Also doch lieber auf die gesunden Sonnenblumen und Gänseblümchen warten. Wegen des Spießertraums Verlieben im Frühling - geht’s noch? Wer so klischeehaft lebt, muss sich dann wohl auch im melancholischen Herbst wieder trennen. Wegen der Ansehnlichkeit Maronipfunde, Gänsekilos, Krapfenschwabbel und Osterfeistigkeit - das muss man erst mal alles abschwimmen und wegradeln. Am Ende des Winters sieht der Durchschnittskörper doch aus wie eine Saubohne aus der Dose: weiß, weich und schlapp. Am Ende eines Sommers ist er eher wie die Haselnuss: braun und knackig. Wegen überhaupt Welcher Frühling eigentlich? Foto: dpa

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