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Todesursache: unbekannt

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Die Startseite von Rivva gleicht einer Grabinschrift: "2007 – 2011" steht dort in schwarzen Lettern. Darüber ein Screenshot, der an die Lebenszeit des Nachrichtenaggregators erinnert. Damals, als Rivva noch der News Reader war, welcher sich aus den Entscheidungen der Blogger gespeist hat: Woran halte ich mich und woran nicht im Dickicht der Bloglandschaft? Das hat vor einer Woche Rivva noch beantwortet. Nun ist der Rivva-Blog ein Kondolenzbuch. Den ersten Eintrag hat Frank Westphal verfasst, der geistige Vater der Seite: "War schön dich zu programmieren, Rivva, auch wenn du blöder Bot häufiger eine Schraube locker hattest." In den 209 Kommentaren danach liest man Verzweiflung, Ratlosigkeit und Dank für das, was war. Der Journalist Richard Gutjahr appelliert darin an Westphal: "Ach Frank, jetzt hör' auf - ich meinte: mach weiter! Wir brauchen Dich!" Westphal schweigt jedoch nach seiner Bekanntgabe, beantwortet keine Anfragen per E-Mail und geht nicht an sein Handy.



Ganz überraschend kommt das Ende von Rivva nicht. "Brauche Abstand", hatte Westphal am vergangenen Freitag verkündet – Rivva auf Pause. "Der Betreiber Frank Westphal hat wiederholt erwähnt, dass der Dienst für ihn eine große zeitliche Belastung ist", so Markus Beckedahl, der den mehrfach prämierten Blog Netzpolitik betreibt und Rivva täglich verfolgt hat. Rivva war bis zum Ende ein Ein Mann-Unternehmen, der technische Aufwand enorm. Der Journalist und Blogger Wolfgang Michal, der Westphal 2010 interviewt hat, formuliert eine These, die Westphals Abstand auch erklären könnte: "Frank muss alle paar Jahre was anderes machen. Er braucht diese Wechsel. Denn er ist ein heller Kopf." Schon in dem Interview vor zehn Monaten hat Westphal durchblicken lassen, dass die Seite fertig sei und damit beendet. "Es gab nichts mehr zu basteln."

Neben der Zeit für und dem Interesse an Rivva wäre da vor allem noch eins: das Geld dank Rivva. "Die Seite ist in der Vergangenheit weder durch Spendenaufrufe noch durch viele Werbebanner aufgefallen. Dass dies für Frank Westphal keine große Geldquelle war, ist sicher", meint Daniel Fiene von Was mit Medien. Aber wollte Westphal das überhaupt, Rivva zur großen Geldquelle machen? Der Kommunikationswissenschaftler Markus Bertling hat sich in seiner Magisterarbeit intensiv mit der Blogrundschau befasst. Er weiß, dass Westphal vier Jahre lang an Rivva gesessen hat mit der ursprünglichen Absicht, einen besseren Feedreader für sich selbst zu bauen. "Aus eben diesem Grund hat er nie angestrebt, den Dienst zu monetarisieren oder zu verkaufen." Westphal habe das Projekt unkommerziell betrieben.

Hätte er das auch so gemacht, wenn er andere Marktstrukturen vorgefunden hätte? "Die deutschen Verlage hätten in meinen Augen längst das Potential des Dienstes erkennen und ‚heben’ müssen." In den Vereinigten Staaten investierten kürzlich mehrere Zeitungshäuser zwölf Millionen Dollar in den Social Media-basierten Nachrichtenaggregator Ongo. Hierzulande bedanken sich Mitarbeiter der ZEIT lediglich im Kondolenzblog bei Westphal. "Wollen wir nicht alle ein bisschen Ordnung in diesem unübersichtlichen Internet?", fragt Daniel Fiene. Und gibt selbst die Antwort: "Vielleicht sollte es uns ein paar Euros wert sein." Trägt also der deutsche Markt die Schuld daran, dass es Rivva nicht mehr gibt?

Die Antwort kennt Frank Westphal. Doch eins ist jetzt schon klar: Für viele Blogger, Journalisten und rege Netzinformanten klafft mit dem Verlust von Rivva in der Lesezeichenleiste seit gestern eine bedeutsame Lücke. "Rivva war einzigartig im deutschsprachigen Raum, um einen Überblick zu erhalten, welche Blog-, Twitter- und YouTube-Beiträge aktuell viel verlinkt und diskutiert werden", so Markus Beckedahl. Auf die Frage, ob es denn keine vergleichbaren Anbieter gebe: "Schön wäre es." Der Google News Reader, das Burda-geführte nachrichten.de, der noch junge Commentarist, die Schweizer facts.ch aggregieren fleißig weiter – und werden allesamt deutlich schlechter angenommen.

Jeder Abschied bringt auch neue Erkenntnisse. Dass Rivva down ist, bietet "die Chance auf eine Veränderung des allgemeinen Blogverhaltens", meint Ronny Kraak, Betreiber des Blogs Das Kraftfuttermischwerk. "Vieles, was bei Rivva landete, wurde von einigen Blogs eben genau deshalb nicht mehr gebracht. Es galt als 'durch'." Das sei der Verbreitung von guten Inhalten nicht immer förderlich gewesen. Das Ende von Rivva kann man also auch als Chance empfinden, die Blogosphäre mit einer neuen Unbefangenheit zu lesen. Medien wie Rivva sind letztlich nicht für die Ewigkeit gemacht, werden schnell von anderen, änhlichen Medien abgelöst oder weitergedacht: Rivva ist tot. Es lebe das Netz.

Text: jurek-skrobala - Bild: rivva.de

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