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Ted Mosby und ich
Ich hatte mich schon länger gefürchtet vor diesem Moment. Man wusste ja, dass es früher oder später darauf hinauslaufen wird und dass nicht mehr viel Zeit bleibt bis dahin. Man sah noch einmal kurz nur ihren gelben Regenschirm, einer der wenigen Dinge, die man von ihr schon länger kannte. 20 Sekunden später war es dann so weit: Nach fast acht Jahren hat sie zwar immer noch keinen Namen, aber jetzt ein Gesicht, das der Schauspielerin Cristin Milioti: die Mutter von Ted Mosbys Kindern.*
Was eigentlich ein schöner Fernsehmoment sein sollte, das war für mich ein trauriger. Wenn selbst Ted jetzt am Ende seiner Suche nach diesem Große-Liebe-Ding ist, dann bin ich ja der letzte ohne! Im Gegensatz zu den großen Breaking-Mad-Wire-Seriendramen, die ich im Rausch gesehen habe und denen sich mittlerweile wissenschaftliche Konferenzen widmen, war „How I met your Mother“ einfach immer irgendwie da, so nebenher. Am Anfang sogar noch im echten, kastenförmigen Fernsehding, auf Deutsch, samstags. Während ich mich als Student irgendwo in den Untiefen der ersten Semester auf die Party am Abend freute, hat Ted im Hintergrund schon nach der Liebe seines Lebens gesucht. Und wenn ich sonst nicht viel mit ihm gemeinsam hatte: danach hab ich auf der Party am Abend ja auch gesucht! HIMYM, eine ganz klassische Sitcom über eine Gruppe von Freunden in New York City, ist der große Single-Epos dieser Jahre. Für jeden was, bei Facebook mögen es auch die alten Grundschulfreunde, die jetzt als Versicherungskaufleute arbeiten. Kein Ausnahmefernsehen, aber auch zu niedlich, um es nicht doch weiterzugucken.
Und Ted war eben mein Normalwert, die Default-Einstellung des Single-Lebens: So lange er noch suchte, war es okay, wenn man auch noch suchte. Am Ende würde es ja gut ausgehen, das wusste man von der ersten Szene an, in der Zukunfts-Ted seinen Kindern damit droht, ihnen jetzt die Geschichte zu erzählen, wie er ihre Mutter kennengelernt hat. Also würde es am Ende bei mir auch gut ausgehen: Ich sah schon vor mir, wie mein Zukunfts-Ich seine Kinder vollquasselt. Vorher musste man halt noch durch den ganzen Ärger, den Datingquatsch und die Herzprobleme. Aber Ted Mosby und ich hatten ja irgendwann diese geheime Verabredung getroffen, dass wir das zusammen durchstehen.
Single ist Ted zwar offiziell immer noch, aber jetzt, nachdem man ihr Gesicht kennt, nachdem angedeutet ist, wo und wann die beiden sich begegnen werden, da ist er es ja eigentlich auch schon nicht mehr. Er weiß es nur noch nicht. Ähnliche Wunder sind bei mir natürlich nicht ausgeschlossen, ich würde aber kein Geld darauf setzen. Gelbe Regenschirme konnte ich mir immer in mein Leben denken, das konkrete Gesicht dazu, das fehlt. Realistisch betrachtet sieht es wohl so aus: Während Ted schon auf die Zielgerade einbiegt, hänge ich immer noch mit meiner Sporthose in einer der ersten Hürden fest. Irgendwer hat unsere Verabredung anscheinend für nichtig erklärt – und mir auch noch meinen Single-Referenzwert verschoben, hinter den ich jetzt fies zurückfalle: Wenn Ted bald raus ist aus dem Club, bin ich dann bald der letzte, der dort noch rumsitzt?
Das fiel mir dann alles ein, als man sie sah, die Mutter: Dass ich mein Leben ja gar nicht in Rückblenden meinen Kindern erzähle, sondern so vor mich hin, und so sehr ich auch versuche mich zu erinnern, ich habe keine Ahnung, wie das Ende aussieht. Da kann es einen schon mal gruseln, wenn man das mal wieder bemerkt.
*Klar, es gibt noch eine Staffel und Autoren führen ja gern die gewagtesten Wendemanöver durch. Dass die gezeigte Dame die Mutter der Kinder ist, haben die HIMYM-Macher aber selbst bestätigt. Für Spekulationen darüber, welche anderen Twists noch möglich sind, verweise ich an die Experten in den Kommentaren bei avclub.com.
Text: elias-feyerabend - Foto: oh