- • Startseite
- • Redaktionsblog
-
•
Spenden für Japan?
Zuerst wird Japan von einem Erdbeben erschüttert, dann von einem Tsunami überrollt. Über 3.300 Tote sind bisher offiziell bestätigt, mehr als 6.000 Menschen gelten immer noch als vermisst. Jetzt droht Japan auch noch eine atomare Katastrophe. Rettungsaktionen, Evakuierungen, Aufräumarbeiten, Wiederaufbau, das alles kostet Millionen. Dennoch hat Japan bisher keine Hilfe von internationalen Organisationen angefordert – aus gutem Grund: „Die japanische Gesellschaft ist die, die weltweit am besten vorbereitet ist auf solche Katastrophen“, sagt Svenja Koch, Pressesprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). „Jedes Kind weiß, wie es sich im Fall eines Erdbebens verhalten muss. Der Katastrophenschutz ist lokal verortet. Es gibt in jedem Ort einen Erdbebenwart und die Leute wissen, auf welchen Plätzen sie sich im Katastrophenfall versammeln müssen.“
Im Moment sind etwa 250.000 Hilfskräfte in Japan im Einsatz, darunter auch 86 Notfallteams des Japanischen Roten Kreuz. Einsatzgruppen des DRK sind bisher nicht in Japan und das wird wohl auch so bleiben. „Wenn Japan Hilfe anfordert, geht das zum Internationalen Roten Kreuz nach Genf und ich gehe davon aus, dass zunächst Helfer aus Australien und der Westküste der USA angefordert werden“, glaubt Koch. Trotzdem ruft das DRK auf seiner Homepage zu Spenden für Japan auf. Die eingehenden Spenden werden direkt an das Japanische Rote Kreuz weitergeleitet.
Spenden für Japan - sinnvoll oder nicht?
Experten raten in der Regel dazu, Spenden zweckunabhängig zu tätigen, damit die Hilfsorganisationen flexibl handeln können. "In Katastrophensituationen machen die zweckgebundenen Spenden aber natürlich Sinn", erklärt Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI). Auch Svenja Koch findet zweckgebundene Spenden für Japan sinnvoll: "Wir haben fünf Jahre Zeit, das Geld zu verwenden. Es geht also nicht nur in die unmittelbare Hilfe nach der Katastrophe, sondern auch in die Hilfe beim Wiederaufbau und für die künftige Katastrophenvorsorge."
Gerade im Fall von Japan ist jedoch ausschlaggebend, an welche Organisation man das Geld spendet. "Es ist wichtig, dass man sich ganz besonders über die Seriosität und die Verbindungen der Organisationen nach Japan informiert. Sie sollten bereits vor der Katastrophe in Japan tätig gewesen sein oder nachgewiesene, verlässliche Kontakte nach Japan haben", sagt Wilke. In einem Infoblatt hat das DZI solche Hilfsorganisationen aufgelistet, zum Beispiel den Verein Aktion Deutschland hilft, den deutschen Cartiasverband und das DRK. Außerdem sind die wichtigsten Punkte aufgelistet, die man bedenken sollte, bevor man für Japan spendet. Das Institut weist zum Beispiel auf die sehr gut funktionierenden Strukturen des Katastophenschutzes hin und dass bislang unklar ist, ob ausländische Hilfe durch Personal und Sachmittel sinnvoll eingesetzt werden kann. Wichtig sei daher, wird nochmal betont, nur an Hilfsorganisationen zu spenden, die das Geld an japanische Partnerorganisationen weiterleiten können. "Man braucht einen Partner vor Ort, der die Situation richtig einschätzen kann und weiß, was wirklich gebraucht wird", sagt auch Svenja Koch. "Wir haben zwar selbst keine Einsätze in Japan, unterstützen aber unsere Partnerorganisation dort."
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen hat sich gegen einen Spendenaufruf für Japan entschieden. Auf ihrer Homepage heißt es: "Momentan können wir noch nicht abschätzen, in welchem Umfang humanitäre Hilfeleistungen durch Ärzte ohne Grenzen vor Ort notwendig und möglich sind. Aus diesem Grund bitten wir von zweckgebundenen Spenden für Japan zu diesem Zeitpunkt abzusehen. Natürlich freuen wir uns über zweckungebundene Spenden, die es uns ermöglichen, im akuten Notfall schnell und flexibel in Japan oder anderen Krisen reagieren zu können." Das liege vor allem an der guten Versorgung, die vor Ort bereits existiere, sagt Stefan Dold, Pressereferent von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. Die Organisation ist vor allem auf Gebiete spezialisiert, die medizinisch unterversorgt sind, was auf Japan nicht zutrifft. "Wir haben ein 11-köpfiges Team in der Erdbebenregion, aber bisher haben wir nicht geplant, ein größeres Projekt durchzuführen."
Tatsächlich sind Spenden für Japan also durchaus sinnvoll, wenn man sich vorher über die Organisation, an die man spenden möchte, informiert. Zwar sind die deutschen Hilfstruppen nicht wie vor einem Jahr auf Haiti selbst im Einsatz, aber angesichts des Ausmaßes der Katastrophe benötigt Japan für den Wiederaufbau des Landes durchaus Hilfe von ausländischen Organisationen.
Text: stefanie-heiss - Foto: ddp