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So leise

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Es gab diesen Moment auf der Love Parade 1995. Noch tanzten all diese Menschen auf dem Berliner Ku’damm, nicht wie später am Tiergarten, noch tanzten da wirklich die Verrückten aus Berlin und nicht die Schau- und Showlustigen aus dem ganzen Land. Auf einem der Lastwagen stand Mark Spoon, mitten im tobenden Mob, und schrie in ein Mikrophon: „Warum seid ihr so leise?“ Mark Spoon (Mitte, Foto: Universal) schrie oft in sein Mikrophon. "Gib alles!" Oder am Ende seiner Sets: "Danke, ihr wart sehr geil!" Mark Spoon war ein Kampfschwein, einer der hinter den Plattentellern und bei der Produktion seiner Hits eher für eine schlichte Mischung aus Pop in der Melodie und Härte im Bass stand. Und für simple, aber wirkungsvolle Effekte: Licht aus, Musik aus. Dann kam der Bass. Mark Spoon war einer, der die Menschen zum Toben bringen wollte, um jeden Preis. Einer der sich die Finger an Hits und billigen Effekten schmutzig machte, wenn es den Verrückten auf der Tanzfläche auch nur ein Jauchzer mehr entlockte, ein bisschen mehr Schweiß, für eine Hand voll Euphorie. Und der auch die Charts nicht scheute, im Gegenteil. Damals, Anfang der 90er, als Frankfurt noch das unbestrittene Zentrum des Technos war, arbeitete Mark Spoon für das Dancefloorprojekt Snap!, entdeckte Dr. Alban, legte im legendären Club Dorian Gray auf. Gemeinsam mit Sven Väth und anderen war er für die Clubnight auf HR3 verantwortlich, die erste Techno-Livesendung Deutschlands. Mit Westbam, Marusha und Dr. Motte stand er in der ersten Reihe der Techno-DJs, die mit Pop und Masse kein Problem hatten, sondern genau das wollten. Auch sein eigenes Dancefloorprojekt Jam & Spoon führte Spoon wie zuvor Snap! und Dr. Alban direkt in die Hitparaden – es gab, ob man wollte oder nicht, kein Vorbeikommen an „Right In The Night“, „Caleidoscope Skies“ und „Be.Angeled“.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Bei Spoon gab es die Trennung zwischen Underground und Charts, Techno und Dancefloor, Kommerz und Subkultur einfach nicht. Mark Spoon löste die Widersprüche in sich auf, er wollte einfach immer die Euphorie, den Jubel. Wie Universal Music, bei denen Mark Spoon seine Hits veröffentlichte, meldet, starb der 39-jährige DJ und Produzent, in der Nacht zum Mittwoch in Berlin, vermutlich an einem Herzinfarkt. Mark Spoon ist tot. Und vielleicht halten die Menschen, die damals bei Spoons Ansagen gejubelt haben, jetzt einen Moment inne, wie immer, wenn einer der Vorreiter, ein Teil der Jugend stirbt. Dann ist es einen langen Moment still und dunkel. Und dann kommt wieder der Bass. Ganz bestimmt.

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