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Produktbiografie: Meine Taschen

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1. Meine Brottasche

Für das alltägliche Leben vieler Frauen ist die Handtasche essentiell. Schon in jungen Jahren fühlte ich mich dieser Gruppe zugehörig. Denn in meiner Tasche, die ich jeden Morgen je nach Lust und Laune um den Hals oder in der Hand, aber in jedem Falle mit erhobenem Haupte zum Kindergarten transportierte, befand sich der Grundstein für meine weitere Entwicklung: Obst, geschält. Denn im Kindergarten gab es nur ungeschältes Obst und ich war ein Kind mit exklusivem Geschmack. Meine Plastikbox mit Trageriemen war mein ein und alles, mein Grundnahrungsmitteltransportgerät. Einen Morgen ohne diese Tasche im Anschlag – und mein Tag wäre gelaufen gewesen.


2. Meine Schultasche

Das Aussuchen der ersten Schultasche war ein zäher Akt. Schließlich musste diese Tasche einerseits die Funktionen der Brottasche angemessen erfüllen sowie gleichzeitig noch die viel anspruchsvollere Aufgabe des Transportes von Bildungsgütern. Der junge Rücken sollte dabei möglichst unbeschadet zur Schule und wieder zurück kommen. Was ich nach einigen Jahren aus Lustlosigkeit oft nur noch am langen Träger hinter mir her zog, diente in den Anfangstagen der großen Einschulungseuphorie sogar als Reisetasche, wenn Ferien waren. So verliebt war ich in mein rosa McNeill-Ungetüm mit weißen Sternchen, das später von einem Eastpak abgelöst wurde.


3. Meine Lastwagenplanentasche

Wir waren jung und dynamisch, immer unterwegs und ständig unter Strom. Die 90er waren vorbei und Rucksäcke tot, mit dem neuen Jahrtausend musste auch der Taschentrend innovativer werden. In Berlin fingen irgendwann arme, junge, gelangweilte Leute damit an, übrig gebliebene Lastwagenplanen zu allem möglichen zusammen zu nähen. Und ich als damals noch in Baggypants herumhüpfendes Etwas fand Taschen, die meine Habseligkeiten auf meinen Großstadtexpeditionen vor der Witterung schützten, natürlich sehr großartig. Und dass jede Tasche ein Einzelstück war, kam dem individualitätsverliebten Berliner Kindl gerade Recht. Dass nach kurzer Zeit jeder damit rumrannte, wurde kategorisch ausgeblendet.


4. Meine Jutebeutel

Und dann kam Indie zur Tür hereinspaziert, ich verbrachte beinahe jeden Abend der Woche auf Konzerten oder an der Kasse des Clubs meines damaligen Vertrauens. Ich verdiente Geld, begann zu studieren und hatte keine lästigen Schulbücher mehr mit mir herumzutragen. Manchmal schenkten junge, arme Bands der netten Kassenfrau auch mal einen handbedruckten Jutebeutel, denn Lastwagenplanentaschen waren im Budget nicht enthalten. Im Laufe der Jahre sammelte sich eine beträchtliche Anzahl solcher Beutel in meinen Schubladen an. Praktischer als Photos, man hatte das unoriginelle Band-T-Shirt-Schnittproblem umgangen und die paar Zettel für die Uni hatten auch gerade so Platz. Wetter war egal. Musik zählte.


5. Mein Shopper

Mit zunehmendem Alter, ernster zunehmenden Jobs, dem dafür benötigten Laptop und einem eigenen Büro kam es auch zu einem Umdenken in Sachen Taschenpolitik. Die Träger der Jutebeutel schnitten unangenehm in die Schultern bei zu großer Belastung, einlagige Baumwolle war nach dem ersten Winter auch nur noch bedingt als Taschenstoff zu gebrauchen. Und sowieso: Die unverzichtbaren Dinge, die immer mit dabei sein mussten, wurden aus unerfindlichen Gründen immer mehr. Die Bedingungen reichten von wasserfest über groß bis hin zu halbwegs breiten Trägern. Und schon bald nannte ich einen großen, schwarzen Shopper mein eigen. Zwar mit dickem Bauch, aber elegant und anpassungsfähig bleibt er nun in meinem Besitz, bis er auseinanderfällt.

Text: lisa-rank - Illustration: Katharina Bitzl

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