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Produkt-Biografie: Lisas Umzüge
Der erste Umzug: Plötzlich woanders Ich merkte, meine Eltern wurden von Tag zu Tag nervöser. Dann kam der Tag, an dem ich mein Spielzeug aussortieren sollte. Ein Drama. „Äh, ich brauche das. Ja, alles!“ und plötzlich war die Wohnung leer. Im Treppenhaus habe ich ihr nachgeweint, zum Trost durfte ich mal ans große Lenkrad des Umzugslasters. Meine größte Angst war, die neue Adresse zu vergessen und nie wieder nach Hause zu finden. Nach vier Tagen jedoch hatte ich jegliche Ahnung verloren und fragte mich, wie ich ohne dieses neue, riesige Zimmer mit Hochbett vorher eigentlich überlebt hatte. [i]Hausstand:[/i] Spielzeug.
Zuhause raus: Die erste WG Dann nach dem Abi musste alles ganz schnell gehen. Neues Leben, das erste Studium und einen kurzen Smalltalk später hatte ich auch meine erste WG. Umzug in zwei Wochen: Kein Problem. Zimmer nur halb so groß wie vorher: Ach was. Was sind das für Menschen: Mir doch egal. Alles wird gut. Alles wurde chaotisch, aber aufregend. Im Wahn färbte ich eine Wand des winzigen Schlauches Rot, das Loch darin, durch das man alle Geräusche der Mitbewohnerin hören konnte, übersah ich dezent. Dass alles außer meinem Zimmer schon komplett eingerichtet war: Völlig egal. Dies war mein neues Nest. [i]Hausstand:[/i] Bett, Schreibtisch, Lampe.
In den Szenebezirk: Krawall und Remmidemmi Nun gut. Meine Tage in der ersten WG waren gezählt, das Küken flügge geworden und das Verlangen nach mehr durchaus gewachsen. Mehr meinte: 1. Meine eigenen Sachen, 2. Ich will nicht mehr soweit zur Arbeit fahren müssen, und 3. Uni ist egal, die Nacht wird zum Tag. Also wurde eine windschiefe Wohnung gesucht, eingezogen, ein bisschen eingerichtet und am Ende die meiste Zeit im nahe gelegenen Tanz- und Arbeitstempel verbracht. Der Wohnraum wurde zur Vorglühkneipe, und wenn jemand es nach der Party nicht mehr bis nach Hause schaffte, zum Hotel. [i]Hausstand:[/i] Ersatzbettzeug, Handtücher mit Namensschildchen für alle Freunde, Cocktailmixbuch.
Mit der besten Freundin: Wir richten uns ein Irgendwann war auch mal gut mit dem Durchreisezirkus, meine beste Freundin und ich beschlossen, es ruhiger anzugehen und zusammenzuziehen. „So richtig mit Deko“ meinte sie damals. Wir bezogen die ehemalige Partybude zweier Bekannter und wandelten sie dank vieler fleißiger Hände und unserer Improvisationskunst in einen gemütlichen Bau um, in dem sich durchaus lange und ausschweifend Wein trinken, kochen und die Nächte am Küchentisch durchlernen ließ. [i]Hausstand:[/i] Alles doppelt.
In die fremde Stadt: Zum ersten Mal allein
Und nun ist es soweit: Das erste Mal in eine fremde Stadt. Das erste Mal alleine wohnen. Vorher wird radikal ausgemistet. Was die letzten vier Wochen nicht in die Hand genommen wurde, fliegt rigoros raus. Meine Freunde sind in dieser Zeit vor dem vorerst letzten Umzug alle besonders nett zu mir, denn sie werden beinahe aggressiv beschenkt. Klamotten, Bücher, Möbel und Kram – vieles wird in der Heimatstadt zurückbleiben. Mit kommt nur, was wirklich passt. In die kleine Einzimmerwohnung. In der es still sein wird, wenn man nach Hause kommt.
[i]Hausstand:[/i] Käsemesser, Weingläser, Kräutergarten.
Text: lisa-rank - Illustration: judith-urban