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Produkt-Biografie: Dominiks Klingeltöne
Der monophone Ton Stefan hatte damit angefangen. Nach Clemens, Peter, Jens und Thomas erwischte es dann auch mich, 1999 war das und ich hatte ja schon viel darüber gehört, aber als es endlich da war, wurde mir gleich ganz anders. Ein Kribbeln in der Hand vor Aufregung, nicht von der Strahlung: mein erstes Handy, ein Nokia 6150, rotmetallic. Es gab eigentlich nur ein Problem damit. Wir benutzten alle den gleichen Klingelton, für SMS wie auch Anrufe. Weil Handys aber damals weder in der Schule verboten waren noch vibrieren konnten und wir es natürlich auch während der Geschichtsstunde nicht ausschalten wollten, piepte und fiepte es aus allen Hosentaschen gleich hervor: monophon, mit dem Nokia-üblichen Doppelton für SMS und irgendeinem popifizierten, klassischen Stück bei Anrufen. Dass man ein Handy hatte, musste damals schließlich jeder mitbekommen.
Der langweilige Ton Eine Vertragsdauer später hielt die Langeweile Einzug in meiner Hosentasche. Ein silbernes Siemens, das so etwa den Charme einer mittelfränkischen Amtsstube versprühte und zu allem Überfluss auch noch klang wie ein Duett von Beckstein und Söder. Kann man nix machen, außer auf ein schnelles technische K.O. zu hoffen. An den genauen Klingelton kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern, dumpft dröhnt aber noch ein Sambaton durch mein akustisches Langzeitgedächtnis. Hätte ich doch nur mal diese tolle Seite hier früher gekannt.
Die Hits Von meinem besten Freund durfte ich vor ein paar Jahren die Bedeutung des Wortes Distinktion lernen. Er war einfach gegen alles. Ich komme von einer anderen Schule und als mir die Mobilfunkindustrie vor wenigen Jahren erst die Möglichkeit bot, meine Lieblingslieder zum Klingelton meines Handys zu küren, schlug ich ein. Gegen Jamba! Gegen Klassik! Gegen Firmen-Töne! Blöd nur, dass meine Lieblingssongs gerne leise anfangen und erst nach etwa 40 Sekunden richtig rummsen, so dass ich viele Anrufe einfach überhörte. Merke: Distinktion macht einsam und macht einem die Lieblingslieder madig.
Die Vibration Es gibt ein bislang unerforschtes Phänomen, das ich hier das Trottelige-Studentinnen-checken-es-nicht-Phänomen nennen möchte. Nicht besonders nett, schon klar, tut mir auch ein bisschen leid. Aber wieso ist es so, dass Studentinnen gewisser Fachrichtungen seit Jahren nicht verstehen, dass die Einstellung „Vibration“ im Handy nicht gleichbedeutend mit „lautlos“ ist? Dass ein auf dem Tisch liegendes, vibrierendes Handy, zum Beispiel in einer Bibliothek, rumpelt, verstört, aufschreckt? „Mein armes Herz!“, denke ich bei jeder Vibration und diese Studentinnen bekommen ja Milliarden von SMS, stündlich. Steckt es euch doch in die Hose, liebe trotteligen Studentinnen! (Und auch Studenten, jaja. Und Juristen. Und Journalisten. Alle halt.)
Ding der Unmöglichkeit: Der coole Klingelton Wenn Distinktion einsam macht, schickt einen der „coole Klingelton“ zum Mond, ohne Rückflugticket. Seit ich dieses Handy besitze, das die seit einem Jahrzehnt beste Klingeltonauswahl bietet, die man sich vorstellen kann, verpasse ich noch mehr Anrufe als zu der Zeit, da meine Lieblingslieder einen Anruf ankündigen sollten. Seit ich also dieses Handy besitze, habe ich den Klingelton nicht verändert und mir zum ersten Mal sogar seinen Namen gemerkt: Grand Reserve, ein Stück feinster Old-School-Hip-Hop, auf 20 Sekunden gekürzt. Seit ich dieses Handy habe, dürfen wieder mehr Menschen wissen, dass ich es besitze.