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Musik auf Zeit

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Napster ist zurück – diesmal legal und nicht mehr kostenlos. Die Musikflatrate für 15 Euro im Test.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wir sind alt geworden, anders kann es nicht sein, denn jetzt geht es bei uns auch schon los mit der „guten alten Zeit“. Damals, ja damals, in den wilden Tagen des Internets, konnten wir mit Napster, geschrieben vom 19-jährigen Shawn Fanning, noch kiloweise MP3-Dateien saugen. Dann kamen Metallica, Madonna und überhaupt die ganze Musikindustrie und überzogen Napster mit Gerichtsprozessen wegen Urheberrechtsverletzungen. Der Service machte dicht, war aber ein entscheidender Anstoß für die Peer-to-Peer-Technologie, bei der die Benutzer Dateien untereinander tauschen. Der Musik- und Filmindustrie ist sie seither ein Dorn im Auge. Seit Donnerstag ist Napster in Deutschland wieder online. Neben dem Musik-Download-Angebot wie bei iTunes oder Musicload gibt es hier aber auch ein Musik-Abo zu kaufen. Außer dem Namen ist nicht mehr viel wie beim alten Napster, inzwischen gehört die Marke bizarrerweise dem Hersteller von CD-Brennsoftware Roxio, der sich gleich in Napster umbenannt hat. Einzeltitel und Alben kosten bei Napster 99 Cent bzw. 9,95 Euro. Im Abo-Modell, bei der „Musik-Flatrate“, zahlt man 14,95 Euro im Monat und hat dann Zugriff auf den ganzen Musikkatalog von „over a million Titeln“. Wer nicht weiterzahlt, behält zwar die geladenen Dateien, kann sie aber nicht mehr anhören, der Player verweigert dann den Dienst. Das nennt sich dann „Digitales Rechte-Management“. Ich lade die Software herunter, selbstverständlich nur für Windows XP. Mac-User landen nach einer Tour durch die Napster-Deutschland-und Napster-UK-Seiten auf einem Meinungsforschungs-Fragebogen, der aber schon längst deaktiviert ist. Ich will das siebntägige kostenlose Testangebot ausprobieren. Die Anmeldung mit dem Online-Bezahlungs-System Paypal funktioniert nicht, ich klicke mich durch mehrere Formulare, bis ich nach mehreren Anläufen mit meinem Bankkonto bezahlen kann. Kundenservice oder ein Pressesprecher zu den Problemen? Nach fast drei Stunden kommt eine Mail, nach der ich auch nicht schlauer bin. Nach der geglückten Anmeldung geht es los: Die Suche nach Coldplay fördert nur ein Album von 1999 zu Tage. Nächster Versuch: Madonna. Das Interface zeigt immer noch fälschlicherweise an, ich wäre Gast-User, lädt aber anstandslos „Hung Up“ herunter. Auch die alten Titel sind vorhanden, „Vogue“, „Material Girl“ etc. Nächster Versuch – diesmal etwas anspruchsvoller: Indie Labels. !K7, anticon, Epitaph, alles da. Trotzdem schlägt mir die von einem angeblichen Napster Musikredakteur „handverlesene“ Pop-Playlist ausschließlich Madonna und Eurythmics zum Downloaden vor. Die Oberfläche der Software ist, trotz Philosophiedifferenzen, an iTunes angelehnt, allerdings wirkt sie etwas unausgegoren. Fenster springen mir z.B. unter dem Mauszeiger weg. Als wäre ich als Kind nachts im Süßwarenladen eingesperrt, lade ich auf dem Weg durch das Musikverzeichnis planlos alles runter, was mir vor den Cursor läuft. Ich merke, dass ich die Stücke völlig wahllos auf meinen PC verfrachte. Die Empfehlungen scheinen sehr beliebig zu sein. Nein, ich möchte wirklich nicht zwei verschiedene Versionen von „There Must Be An Angel“ in meiner Playlist haben. Bei anderen Online-Händlern wie amazon.de machen die automatischen Tipps mehr Sinn. Ich baue ich mir eine Musiksammlung, die ich nie haben wollte, weil ich weiß, dass sie sich irgendwann in Wohlgefallen auflösen wird. Arbeit, die ich in die Pflege von Playlists stecke, ist dahin, wenn ich keine 14,95 Euro im Monat zahlen will. Von der Napster-Homepage schaut mich Xavier Naidoo traurig an, Gwen Stefani traut dem Braten nicht, nur Usher lacht über dieses Angebot. Irgendwie hat es auch etwas Schönes, dass sich die Musik nach den sieben Tagen in einen dampfenden Haufen Datenschrott verwandeln wird. (Bild: Napster.de)

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