Durch die Verspätung entgehen mir die Reden der Vernissage, nicht aber die Comics von drei deutschen und drei polnischen Zeichnern. Es ist frustrierend, dass man sich kaum etwas erschließen kann, wenn man des Polnischen nicht mächtig ist. So verstehe ich nur wenig von den polnischen Comics. Einer der Zeichner, Andrzej Lichota, scheint eher links zu sein. Aber dadurch, dass die deutschen Comics polnisch untertitelt sind, habe ich zwei interessante Sachen gelernt: Job heißt auf polnisch "robota" und "habe Hunger" ist "jestem glodny", wobei das L in glodny durchgestrichen ist und gesprochen wird wie das w im englischen Wort "what". Mein sprachliches Unvermögen führt aber auch zu Begeisterung, bei bescheidenen Erfolgen. Als ich in einem polnischen Redeschwall das Wort für "fünf" heraushöre, bin ich richtig stolz. Ich habe keine Ahnung, ob es um fünf Zloty für ein T-Shirt oder fünf Sekunden bis zur Detonation ging - aber glücklich, dass ich etwas verstanden habe.
Nach der Vernissage lerne ich den Bus kennen. Er ist Baujahr 1961, morgen fahren wir mit ihm 250 Kilometer nach Lodz. Dafür sind fünf Stunden eingeplant. Der Bus ist eher dekorativ als praktisch. Das ist überraschend, genau wie mein erstes Treffen mit dem Organisator Hannes Minz. Ich hatte ihn mir älter vorgestellt, dabei ist er nur 28 Jahre alt. Zusammen mit ihm, Martin Sonntag, der polnischen Partnerin des Projekts, der studentischen Mitarbeiterin Anna Wala, dem in Köln wohnhaften, aber ursprünglich polnischen Zeichner Martin Zak und dem polnischen Cousin von Martin Sonntag gehe ich essen – in einem Restaurant, das sich durch wenig geschmackvolles Interieur auszeichnet. Giftig grünes Licht umfließt die Gäste, die aussehen, als hätten sie eine akute Lebensmittelvergiftung.