Mann, bist du alt geworden: Woran man merkt, dass man doch erwachsen ist
Mann, bist du alt geworden: Woran man merkt, dass man doch erwachsen ist
Wann ist man eigentlich erwachsen? Es ist schwierig, eine eindeutige Antwort auf diese Frage zu finden. Denn auch wer sich regelmäßig eine Krawatte umbindet, wird heute kaum von sich behaupten, er sei im Sinne seiner Eltern erwachsen. Ein Haus bauen, eine Familie gründen - das scheint alles noch sehr weit weg. Obwohl die eigenen Eltern schon lange verheiratet waren - als sie so alt waren wie man selber gerade.
Die eindeutigen Bezugssysteme für das, was als jugendlich und für das, was als erwachsen zu gelten hat, sind verloren gegangen. Kein Wunder, dass der Slogan "Eigentlich sollten wir erwachsen werden" offenbar ein Lebensgefühl einer ganzen Generation unschlüssiger Mit-Zwanziger trifft.
Dabei können wir in unserer Umwelt und in den Medien, die uns umgeben, Symptome finden, die eindeutig belegen: Du bist nicht mehr der Jüngste. In Bayern lernen zweifelnde Jungbleiber gerade mal wieder eine solche Lektion. Der Ministerpräsident, der hier scheinbar auf ewig "Ministerpräsident Stoiber" hieß, hört plötzlich auf den Namen Beckstein. Wenn man nun die Nachrichten hört, muss man sich umgewöhnen und lernt: Früher warst du mal jung.
Wir haben uns an dieses Früher erinnert und fünf Zeichen gesammelt, die klar machen: das war mal. Wir sind Erwachsen.
Ergänze deine persönlichen Alterungs-Merkmale unter diesem Text!
stefan-winter
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Das Symptom: Gelbe Telefonzelle
Was ist passiert? Der ehemalige Staatsbetrieb Deutsche Telekom hat eine Farbberatung bekommen und glaubt seitdem, Magenta stehe ihm viel besser als das schöne postgelb, in dem früher alle Telefonzellen gestrichen waren. Damals hingen in den noch verschließbaren Kabinen, die tatsächlich Privatheit garantierten, große Telefone, an denen wir mit kleinen Fingern in runden Wählscheiben die elterliche Nummer wählten, um zu sagen, dass wir echt ganz viel Spaß haben auf der Klassenfahrt ins Schullandheim.
Wie geht's weiter? Vom Gelb haben wir uns schon lange verabschiedet. Trotzdem erwischt uns dieser historische Schauer, wenn wir in irgendeinem wundervollen Kaff noch eine echte alte Zelle sehen. Denn die Tatsache, dass man beim Telefonieren eine Tür hinter sich schließen kann, hat enorme Vorteile. Nicht nur deshalb sind wir froh, dass der Mobilfunk eingeführt wurde und wir nicht an diesen neuen Telefonstangen des Magenta-Konzerns telefonieren müssen.
Das Symptom: Joschka Fischer
Was ist passiert? Beim Jojo gibt es diesen Punkt. Er kommt meist sehr spät, aber er kommt. Das Jojo gibt nach einem ständigen Auf und Ab endlich auf und bleibt still. Jo-Jo Fischer ist jetzt an diesem Punkt angekommen - und es ist uns aufgefallen, als ihn unlängst mal wieder ein Hauch von Bewegung durchzuckte. Er hat ein Buch geschrieben und sein Auftauchen hat nur bewiesen: Der (damals) personifizierte Protest gegen alles Bürgerliche hat sich von der politischen Bühne verabschiedet. Irgendwie doch schade.
Wie geht's weiter? Die Rolle des Rebellen muss neu besetzt werden. Vielleicht von jemandem, der ein etwas steteres Gewicht aufweisen kann und uns nicht mit einem Jo-Jo dick-dünn-dick-dünn-Verwirrspiel narrt.
Das Symptom: 56k
Was ist passiert? Es hat gerauscht. Wie aus einer gereizten bösen Maschine. Und doch haben wir dieses Rauschen gemocht. Wir haben es sogar nach Hause geholt, es hat uns nämlich den Weg in die weite Welt gewiesen. Mit 56k sind wir ins Netz gerauscht. Wobei rauschen nicht die Geschwindigkeit, sondern die Akustik beschreibt.
Wie geht's weiter? Flatrate, Flatrate, Flatrate ein Leben lang. In DSL-Qualität. Niemand wählt sich mehr ein und ganz ehrlich: das ist großartig! Auch wenn wir das kosmopolitische Rauschen manchmal vermissen.
Das Symptom: Das 50-Pfennig-Mädchen
Was ist passiert? Sie war unser erster Traum von Luxus - ein kleines Mädchen, das auf einem Stein im Wasser hockt und mit nur ein paar ihrer Freundinnen große Anschaffungen möglich machte. Kinderschokolade (ja, mit dem Jungen) konnte man mit ihr kaufen und eine Kugel Eis. Sie war ein wesentlicher Teil unserer Haupteinnahme-Quelle namens Taschengeld.
Wie geht's weiter?
Das Mädchen ist tot. Gestorben bei der Einführung des Euro. Mit ihm hat das Bezahlen seinen Reiz verloren: Es ist ein virtueller Vorgang geworden. Karten und Überweisungen sorgen dafür, dass Beträge den Besitzer wechseln. Und diese Beträge sind anonym, sie müssen nicht mehr Mark und Pfennig heißen.
Das Symptom: Das Lied "Like ice in the sunshine"
Was ist passiert? Als wir noch nicht verdorben waren von Film und Fernsehen, warb die Eis-Firma Langnese vor Beginn eines jeden Kinofilms mit diesem Song. Wir mochten das Lied, genau wie das alte Logo der Firma. Es schmeckte nach Freibad im dunklen Kino. Dann entschied man sich bei Langnese, das dicke und dunkle Eis Magnum in den Mittelpunkt der Kinowerbung zu stellen und schenkte ihm auch ein neues Lied. Das ist einerseits sicher auch besser so, aber irgendwie auch schade.
Wie geht es weiter? Wir trinken im Kino Bier aus Flaschen, die doch früher auch größer waren, oder?
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