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Liebesprotokoll: Nach Marc jetzt Florian, der Freund-Freund
„Der ist super“, wusste ich, als Florian in das Auto sprang, mit dem wir auf dem Weg zur nächsten Studi-Party waren. Nachdem Marc noch ewig in meinem Kopf herumgegeistert war, ein kümmerlicher Auflebungsversuch inklusive, war Flo der erste ernsthaft interessante Mann, dem aber ein entscheidendes Ausschlusskriterium anhaftete: er hatte bereits eine Freundin.
Es war ein Kennenlernen und Zusammensein in tausend Kapiteln (mindestens). Zunächst über Monate nur trüffel-seltene Partybegegnungen und ewig an Bushaltestellen quatschen. Sonst nix. Bis irgendwann seine Freundin nicht mehr da war und ich ein Zufallstreffen und ein echtes Date später all meinen Mut zusammen nahm. Wir waren verrückt nach einander, sahen uns fast jeden Tag. Alles super. Nur: „Übrigens, ich will keine Beziehung.“, sagte er. Unterschwellig war da seine langjährige Ex-Geschichte, während ich mir einredete, glücklicher Single zu sein. Daher eierten wir fast vier Monate in den Beziehungs-Begrifflichkeiten umher. Aus „was am Laufen“ wurde die „Affäre“ und aus der eine mit „Exklusivrechten“. Erst als ich grippekrank im Bett lag, war abgemacht, dass wir nun doch richtig zusammen waren. Die nächsten Monate genossen, vertrauten, schätzten wir uns, genauso wie wir total daneben lagen. Stritten bis aufs Blut oder Tränen über Studiengebühren oder Spültechniken. Bestimmt war ich richtig verliebt, durch die ganzen Wortverkleidungen jedoch hatten wir uns ausbremsen lassen. Dass etwas fehlte, zeigte sich ein Jahr nach dem Kennlernen. Nach ein paar Wochen Praktika-Trennung war das Vermissen gar nicht mehr groß, stattdessen schlich ein fremdes Gefühl sich hinzu. Während des Wiedersehenessens beim Italiener, versuchten wir die Fassade des Super-Liebespaares noch aufrecht zu erhalten, bis der Kellner das Tiramisu - ausgerechnet mit zwei rot verschlungenen Sirup-Herzen - vor uns platzierte. „Wir müssen reden“, sagte ich. Da er in dieser skurrilen Situation in Lachen ausbrach, war klar, dass es ihm ging wie mir. Wir hatten keinen Namen für das, was zwischen uns war, dennoch wollten wir uns trotz wenig Vermissens nicht missen. Unser Deal: Wir blieben ein Paar, bis man sich in jemand anderes (mehr) verliebte. So weit der Plan. Dass das alles ziemlich naiv gedacht war, merkte ich ein halbes Jahr später, als dieser Fall bei ihm eintrat. Aber alles der Reihe nach. Die echte Ursache für das Ende orientierte sich an einer bekannten Waschmittelwerbung. „Total verkalkt!“ nämlich traf exakt auf uns zu. Bald war es kein tolles Gefühl mehr einfach mal nichts sagen zu müssen oder leidenschaftslos im Bett ein Buch zu lesen. Das wurde Standard. In eineinhalb Jahren hatten wir bereits alle Zwischenphasen des Beziehungsstatus ausgelotet. Blieb nur eins: Schluss. Wir hatten uns also getrennt, weil wir Freunde waren. Das Dumme war nur, dass wir keine mehr waren. Die gut ausgeheckte übergangslose Beziehungs-Freundschaftssache hatte nicht funktioniert. Ich konnte ihn nicht mit neuen Frauen ertragen. Ich war sauer, er pragmatisch und wir waren kurz vor dem absoluten Bruch. „Eine Freundschaft muss was Neues sein. Das darf nicht das Alte sein“, hieß die trockene Erkenntnis. Ein paar Monate später hat das geklappt. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht weil es Zufall war, als wir uns trafen. Stück für Stück wurde die Beziehung begraben, mit Verurteilungen, Schuldzuweisungen und Entschuldigungen aufgeräumt. In der Geschichte von Florian und mir in tausend Teilen, ist das Kapitel „Liebespaar“ endgültig vorbei. Und mittlerweile Jahre her. Wenn wir heute Pärchen-Fotos von uns sehen, ist es immer ein bisschen wie: „Kennst du die Leute?“ Manchmal streiten wir uns dann wieder bis aufs Blut über Studiengebühren. Aber das macht nichts, weil wir Freunde sind. Ehrlich. Illu: marcus-holzmayr