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"Lächeln, Schatz!" - Die Typologie der Pärchenfotos

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Das Hochzeitsfoto  

Setting: Ein schmiedeeisernes Brückengeländer, ein Flussufer mit Trauerweiden, eine Schlossallee im Abendlicht – Hauptsache maximal symbolisch aufgepumpt.  

Typischer Satz: "Stütz mich doch mal so nach hinten, Schatz, gib mir nen Kuss und lächel dabei, Moment, sieht man auch die Sonne hinter dem Kirchturm? Nee oder, hab ich jetzt echt nen Grasfleck am Kleid?" 

Nötige Requisiten: Blumen, Blumen, Blumen! Dazu wahlweise ein Oldtimer mit weißen Schleifen am Kühlergrill, ein Sonnenschirmchen, ein Hochzeitsbogen. Für betont Eigenwillige: ein Hollandrad.  

Signal an die Außenwelt: "Logisch, das Foto ist für die Ewigkeit, da muss es knistern - aber bloß nicht zu viel, schließlich will Oma sich das Ding ins Wohnzimmer hängen ." 

Ausstellungsort: Im Stehrahmen auf dem Kirschholz-Sideboard im Wohnzimmer. Neben der netten Weihnachtskarte von Günzels und dem Foto von Birgits Patenkind.    




Der Egoshoot im Urlaub  

Setting: Das Schnorchelboot vor Ko Tao, der fahrende Jeep in der Salar de Uyuni, der Karneval von Rio. Das Bild muss auf einen Blick klarmachen, dass es mindestens vier Zeitzonen entfernt geschossen wurde. Und dass es dort derart abenteuerlich zuging, dass absolut niemand das Foto aus einem vernünftigen Winkel hätte machen können.  

Typischer Satz: "Boah sieht das flashig aus, und du mit dem Ding auf der Stirn, haha, komm mal her, smahiiiiel!"  

Nötige Requisiten: Mindestens: Sonnenbrillen. Besser: regionaltypische Objekte, möglichst unmittelbar auf dem Kopf getragen (Indianerschminke, Sonnenfinsternis-Brille, Affe).  

Signal an die Außenwelt: "Leute, checkt mal das hier, wir sind so derbe auf Achse, wir wissen nicht mal mehr die Anfangsziffer unserer Postleitzahl!" 

Ausstellungsort: An der Korkpinnwand im WG-Flur – und im überquellenden Facebook-Ordner "Nils und Jule wollen Meer 2012“.     




Das sexy Poserfoto  

Setting: Eine Couch, ein aufmerksam zerwühltes Bett, ein seitlich angestrahlter Samtvorhang. Grundsätzlich im Studio, hier geht es schließlich nicht um irgendeinen Schnappschuss. Es geht um die Madame-Tussaud-artige Konservierung zweier Alphakörper.  

Typischer Satz: "So, jetzt nochmal ohne BH und mit offenen Haaren, und nee Babes, wenn du so nah an meinem Hals bist, sieht man das Tattoo nicht." 

Nötige Requisiten: Babyöl, auf Arschbackenmitte abgeschnittene D&G-Jeans, Kajal und Kaugummis.  

Signal an die Außenwelt: "Die Blitzfotos auf Nachtagenten schön und gut – aber am heißesten sind wir halt echt nackt. Außerdem, ganz ehrlich: Wenn Sandra erstmal schwanger war, geht das Bauchnabelpiercing mal gar nicht mehr klar." 

Ausstellungsort: Im digitalen Bilderrahmen auf dem Nachttisch. Zwischen Fernbedienung und Kleenexpackung.        




Das Hipstamatic-Foto  

Setting: Auf dem Flohmarkt am Boxi oder backstage beim Melt-Festival. Die Mechanik dieses Pärchenfotos erfordert es, dass man sich "total zufällig" in einer außerordentlich stilsicheren Situation befindet. 

Typischer Satz: "Schnell Lukas, mach’n Foto, wie Tom mich Huckepack trägt. Lass mal sehen - boah nee, mach lieber noch eins. Und schick’s mir dann per PM, ja?" 

Nötige Requisiten: Strickjacke, Skateboard, Friesennerz o.ä.  

Signal an die Außenwelt: "Who the fuck is Terry Richardson?" 

Ausstellungsort: Die Instagram- und Facebook-Timeline. Er und sie taggen sich planmäßig gegenseitig und geben sich in den Kommentaren erstmal betont unbeeindruckt. Sobald das Foto 60 Likes gesammelt hat, machen beide es gleichzeitig zum Profilbild.     




Das "Bloß kein Foto!“-Foto  

Setting: Auf der Grillparty von Freunden, die Backen voll Nudelsalat. Oder im Hinterhof des Pfarramts von Schwetzingen, in dem eben die Nichte getauft wurde. Irgendwo, wo unweigerlich irgendein penetranter Depp Fotos macht.  

Typischer Satz: "Du hast aber jetzt grad kein Foto von uns gemacht, oder?" 

Nötige Requisiten: Keine. War ja nur ein Versehen.

Signal an die Außenwelt: "Ja, sogar wir sehen scheiße aus, wenn wir nach sieben Mai Tais auf die U-Bahn warten." 

Ausstellungsort: Die ersten Jahre auf der Speicherkarte vom dicken Olli, irgendwann in der Diashow auf der eigenen Hochzeit. 



Text: jan-stremmel - Illustration: michaela-maget

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