Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Kenn den Gainsbourg!

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

1. Serge Gainsbourg kam am 2. April 1928 als Lucien Ginzburg in Paris zur Welt. Allerdings nicht alleine, seine Zwillingsschwester Lilianne war auch dabei. Die jüdischen Eltern waren aus Russland vor der Oktoberrevolution geflogen, sein Vater Joseph verdiente sein Geld als Barpianist. Schon bei der Geburt stand fest, dass der kleine Lucien einmal Maler werden sollte. 2. Nach dem Einmarsch der Deutschen wurde Lucien gezwungen, den Judenstern zu tragen, schließlich flohen seine Eltern mit ihm in den unbesetzten Teil Frankreichs. Später ließ er sich bei Edeljuwelier Cartier einen Davidsstern aus Platin anfertigen, um auf seine Weise an diese Zeit zu erinnern. 3. In Paris besuchte er eine Künstlerschule und tauchte in das Bohème-Leben der Stadt ein. Seine Karriere als Maler scheiterte allerdings an seinen eigenen Ansprüchen, 1958 verbrannte er alle seine Bilder und Skizzen.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Serge Gainsbourg mit Jane Birkin 1969 im Nightclub Lido (Fotos: AP, dpa) 4. Lucien, so heißen Friseure, sagte sich Gainsbourg und gab sich den Künstlernamen Serge Gainsbourg. Manche sagen, den Vornamen als Erinnerung an sein russisches Herkunftsland, das er nie gesehen hat, den Nachnamen als Hommage an den britischen Maler Thomas Gainsborough. Andere behaupten, schon sein Vater habe den Namen benutzt, um die jüdische Abstammung der Familie vor den Deutschen geheim zu halten. 5. Für die 16-jährige Fiepsstimme France Gall schrieb er 1965 den Chartsstürmer „Les Sucettes“, bei dem er sich ganz seiner Lust an sexuellen Doppeldeutigkeiten hingab. Der Text lautet sinngemäß: „Annie ist scharf auf Dauerlutscher, Anisdauerlutscher. Wenn ihr das Anisaroma der Lutschstange die Kehle hinunterrinnt, ist Annie selig.“ Später nahm Gainsbourg eine eigene Version auf, auf der er die Anspielungen durch Schluckgeräusche noch einmal verdeutlicht. 6. France Gall gewann im gleichen Jahr den Grand Prix d'Eurovision de la Chanson mit dem Lied "Poupée de cire, poupée de son", ebenfalls von Gainsbourg geschrieben. Der Provokateur landete damit seinen ersten Welthit. 7. Auch für Brigitte Bardot, damals schon auf dem Weg zur lebenden Legende, schrieb er einige Titel, darunter die berüchtigte Stöhnorgie „Je t'aime, moi non plus“. Bardots damaligem Ehemann Gunter Sachs war die Nummer allerdings zu heikel und er hielt seine Frau davon ab, das Lied aufzunehmen. 8. Das Stück Musik, das heute noch in jedem Fernsehbeitrag eingespielt wird, wenn Erotik signalisiert werden soll, ließ Gainsbourg schließlich die 22jährige Engländerin Jane Birkin singen. Das schüchterne und etwas androgyne Mädchen wurde für die nächsten Jahre seine Lebensgefährtin. „Je t'aime ...“ erregte die erhoffte Aufmerksamkeit und erhitzte die Gemüter: ARD, BBC und Vatikan ließen den Titel verbieten, trotzdem wurde er mit sechs Millionen verkauften Singles Gainsbourgs größter Hit. 9. Gainsbourg, der in Auschwitz einen Onkel verlor, lieferte 1975 seinen zynischen Kommentar zum Nationalsozialismus ab. Die Lieder seiner LP „Rock Around The Bunker“ tragen Titel wie „S.S. in Uruguay“ und drehen sich um deutsche Soldaten in Strapsen und Otto, die Teutonentunte. Der kommerzielle Erfolg blieb allerdings aus.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

10. Auf den Bahamas nahm er 1979 eine Reggae-Platte auf. Ein großer Skandal entwickelte sich um die Version der französischen Nationalhymne, die auf der Platte zu finden war: Die den Franzosen heilige Marseillaise wurde mit einem Reggea-Beat unterlegt und hieß genreüblich lakonisch nur noch "Aux Armes Et Caetera": zu den Waffen und so weiter. Beim Finale seiner Tournee eskalierten die Proteste: Eine Truppe ehemaliger Falschschirmspringer tauchte vor der Bühne auf und die Musiker verzichteten aus Angst vor Randalen auf ihren Auftritt. Gainesbourg singt die Marseilleise schließlich a capella und präsentiert den Veteranen zum Abschluss den Mittelfinger. Natürlich nicht ohne vorher den Ärmel hochzurollen, damit alle seine Cartier-Uhr sehen können. 11. Gainsbourg konnte förmliche Kleidung nicht leiden, immer trat er unrasiert auf und im offenen Hemd, um den Hals meistens eine Kette mit Brillianten. Jane Birkin meinte dazu: „Viele Männer sehen mit Schmuck lächerlich aus, aber Serge, der immer wie ein Pirat daherkommt, gehört zu den wenigen, denen man Schmuck umhängen kann.“ 12. Der Mann, der in jeder Fernsehshow den betrunkenen Dandyrüpel gab, erlitt 1973 seine erste Herzattacke. Von Rauchen, exzessivem Alkoholgenuss und ausschweifendem Leben konnte ihn das nicht abhalten. Herzversagen war dann auch die offizielle Ursache für seinen Tod 1991.

  • teilen
  • schließen